Schrödingers Katze Schrödingers Katze

Der österreichische Wissenschaftsblog
42.000+ Fans

Eine Rolle braunes Pilzleder aus der Nähe.
3. Oktober 2020

Leder vom Waldboden

Von Schrödingers Katze
Innovation
Ein umweltfreundlicher Ersatz für tierisches Leder ist Leder aus Pilzen.

Herkömmliches Leder aus Kuhhaut ist, obwohl es sich dabei um Schlachtabfälle handelt, nicht besonders umweltfreundlich. Eine Alternative dazu könnte Leder aus Pilzen sein, so ein Artikel von Forscher*innen der Uni Wien.

Gefaltetes, braunes Pilzleder aus der Nähe.
Pflanzliche Lederalternativen werden immer gängiger auf dem Markt.
Foto: Alexander Bismarck.

Zutaten: Pilze und Wasser

Wer sich eine Lederjacke ansieht, kann sich vielleicht kaum vorstellen, dass so etwa aus Pilzen gemacht werden kann. Die Herstellung von Pilzleder ist allerdings relativ einfach. „Im Prinzip funktioniert der Vorgang genau wie beim Papier schöpfen“, erklärt der Chemiker Alexander Bismarck von der Uni Wien. Er hat gemeinsam mit Mitchell Jones von der TU Wien und einem internationalen Forschungsteam einen Artikel in der Fachzeitschrift „Nature Sustainability“ veröffentlicht, der analysiert, wie umweltschädlich die Produktion von Kuhleder ist und wie Hersteller*innen Pilzleder produzieren.

Das funktioniert wie folgt: Pilze und Wasser werden in einem Mixer püriert. Die Masse wird anschließend herausgeschöpft und in einer Form gepresst und getrocknet. Damit das Pilzleder mehr wie Leder aussieht und die gleichen Eigenschaften hat, wird ein Teil der Proteine in der Masse mit einer chemischen Behandlung entfernt. Das Ergebnis ist ein Material, das Kuhleder in seinen Eigenschaften und der Optik ähnelt.

Durchsichtige Mycel-Äderchen wachsen auf einer Petrischale.
Das Mycel eines Schimmelpilzes unter einem Mikroskop. So ungefähr wächst Mycel auch durch den Waldboden.
Copyright: CC BY-SA 3.0. Foto: Bob Blaylock / Wikimedia commons.

Leder aus Mycel

Für die Herstellung des Fake Leders verwendet man allerdings nicht den Fruchtkörper der Pilze, wie man ihn etwa in Form von Champignons kaufen kann, sondern das Mycel. Mycel ist der eigentliche Pilz, der im Boden wächst und wesentlich größer ist als der Fruchtkörper. Für die Produktion lässt man es auf landwirtschaftlichen Abfällen wie Sägemehl wachsen. „Pilze sind für uns die ideale Bioraffinerie, da sie ein Material in ein anderes umwandeln“, so der Chemiker Alexander Bismarck. Dafür bräuchten sie nur stabile Temperaturen und kein Licht, wodurch die Produktion relativ CO2-neutral sei. Anders als beim Kuhleder.

Tierisches Leder wird ebenfalls aus landwirtschaftlichen Abfällen hergestellt. Wird aus Kuhhaut kein Leder, wird sie zu Gelatine oder Collagen verarbeitet. Damit sie tragbar wird, muss sie allerdings einen aufwendigen, chemischen Prozess durchlaufen. „Um Leder aus Kuhhaut haltbar zu machen, verwendet man nicht so schöne Chemikalien“, beschreibt es Bismarck. Zudem verbraucht der Prozess viel Energie.

Weißes Ananasleder mit rauer, von Linien durchzogener Struktur, aus der Nähe.
Ein weiterer umweltfreundlicher Ersatz für Tierleder ist Piñatex, ein pflanzliches Leder, das aus Ananasblättern (also Abfall) hergestellt wird.
Copyright: CC-BY SA 4.0. Foto: Piñatex / Wikimedia commons bzw. Instagram.

Veganes Leder aus Abfällen

Pflanzliches Leder ist nicht nur eine umweltfreundliche Alternative zu Kuhleder, sondern auch zu herkömmlichem Kunstleder. Das wird nämlich aus Erdöl hergestellt, ist also im Vergleich zu Pilzleder und anderen Alternativen nicht nachwachsend und auch nicht biologisch abbaubar.

Pilzleder ist nicht der einzige nachhaltigere Ersatz für Kunst- und Kuhleder auf dem Markt. Nicht ganz so neu ist Ananasleder, das unter dem Namen Piñatex vertrieben wird. Es wird aus den Blättern der Ananaspflanze hergestellt, die man ansonsten wegwerfen würde. Mittlerweile recht gängig und beliebt ist außerdem die Rinde des Korkbaums als nachwachsende Alternative zu Leder.

Die Autor*innen des Artikels der Uni Wien schreiben, es sei zu vermuten, dass Pilzleder aufgrund seiner umwelt- und sozialfreundlichen Produktion sowie der Nachfrage auf dem Markt durch unter anderem die wachsende Zahl der Veganer*innen und umweltbewussten Käufer*innen eine große Rolle in der Zukunft der ökologischen Textilien spielen würde. Nachlesen kann man den ganzen Artikel hier.

Mitchell Jones und Alexander Bismarck sitzen vor dem Institut für Materialchemie. Beide tragen Jeans und blaue Hemden und lächeln in die Kamera.
Die zwei Studienautoren Univ.-Ass. Mitchell Jones von der Forschungsgruppe Strukturpolymere der TU Wien und Univ.-Prof. Dr. Alexander Bismarck vom Institut für Materialchemie der Uni Wien (v.l.n.r.).
Foto: Kathrin Weiland.

Dieser Artikel gehört zur Themenreihe:

Eine Straße, Autos und Häuser stehen unter Wasser.

Wie und wo der Klimawandel bereits spürbar ist

Die Auswirkungen der Erderwärmung sind vielfältig, langfristig und schwer aufzuhalten. Was tun wir dagegen?

» Mehr erfahren

Was kaufen wir, und warum?

Noch nie haben wir so viele Dinge besessen wie heutzutage – nicht umsonst boomt der Markt der Ratgeber zum Thema Ausmisten. Wie sich unser Konsum verändert, ist Gegenstand interdisziplinärer Forschung.

» Mehr erfahren

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Facebook Like-Button zu laden.

Inhalt laden


Teile den Beitrag auf

Facebook
Twitter
Monatliche Updates in deiner Inbox!

Diese Artikel solltest du ebenfalls lesen

  • Chemiker Christoph Rameshan im Labor.

    Treibhausgase recyceln

    November 22, 2022
  • Der soziale Roboter Vector.

    Wenig Akzeptanz für soziale Roboter

    Oktober 27, 2022
  • Ein Laptop steht auf einem Bauplan. Daneben ist noch eine weiterer gedruckter Bauplan zu sehen.

    Schnellere Bauverfahren dank Digitalisierung

    Juni 22, 2022
« Digitale Einblicke in die Welt der Forschung
Das Liebesleben der Aale »

Aktiv werden

Katzenpost

PapierfliegerDu hast Vorschläge zu Themen, die wir behandeln sollen? Dann schick sie uns!

Mit der Verwendung des Kontaktformulars nimmst du unsere Datenschutzerklärung zur Kenntnis.

    Zum Absenden des Formulars muss Google reCAPTCHA geladen werden.
    Google reCAPTCHA Datenschutzerklärung

    Google reCAPTCHA laden

    Schrödingers Katze
    • › Impressum
    • › Datenschutz
    • › Über uns
    • › Kontakt