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18. September 2020

Alles im Kreislauf?

Von Schrödingers Katze
Innovation
In einer Kreislaufwirtschaft werden Ressourcen der Natur auch wieder zurückgegeben. Was können wir tun, um das zu erreichen?

In einer idealen Welt würden wir Menschen alle Rohstoffe, die wir der Erde entnehmen, auch wieder zurückgeben. Diese Idee nennt sich Kreislaufwirtschaft. Forscher*innen der Boku haben analysiert, wie sich die Zirkulationsrate von Rohstoffen in der Wirtschaft seit 1900 verändert hat.

Vor allem Infrastruktur verbraucht Unmengen an Ressourcen.
Foto: Vlad Busuioc / Unsplash.

Zirkulation stark gesunken

Kurz gesagt ist die Kreislaufwirtschaft seit 1900 stark gesunken. Wir verbrauchen also immer mehr Ressourcen und führen weniger davon wieder der Erde bzw. der Wirtschaft zu, wenn wir sie nicht mehr brauchen. Der Messwert dafür heißt Zirkularität. Eine ideale Kreislaufwirtschaft hätte einhundert Prozent Zirkularität. Das Gegenteil wäre eine Durchflusswirtschaft, bei der der Natur nichts zurückgegeben wird.

Die Forscher*innen haben errechnet, dass die Kreislaufwirtschaft zwischen 1900 und 2015 von 43 auf 27 Prozent gesunken ist. Der Stoffdurchfluss hat gleichzeitig um das 16-fache zugenommen. Wir sind also weit von so etwas wie einer Kreislaufwirtschaft entfernt.

Die Rohstoffe, die wir abbauen, fließen zu einem großen Teil in den Bau von Gebäuden und Straßen, außerdem in Konsumgüter wie Autos und Handys. „Am meisten Ressourcen verbraucht der Aufbau von Infrastruktur“, sagt Willi Haas, einer der Autor*innen der Studie. „Damit assoziiert ist ein hoher Energieverbrauch, sowohl beim Aufbau als auch beim Betrieb und der Instandhaltung dieser gesellschaftlichen Bestände.“

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Das Video von Willi Haas fasst den Inhalt des Artikels kurz zusammen.

Wie könnte Kreislaufwirtschaft funktionieren?

Es gibt zwei Bestandteile, die eine Kreislaufwirtschaft braucht, um zu funktionieren. Erstens muss Biomasse (wie etwa Holz), auf umweltfreundlichem Wege der Natur entnommen und auch wieder zurückgeführt werden. Das lässt sich zum Beispiel mit nachhaltiger Landwirtschaft erreichen. Zweitens müssen nicht-erneuerbare Materialien recycelt werden. Dazu zählt alles von Kunststoff über Metall bis hin zu Baustoffen.

Warum letzteres so schwierig ist, zeigt sich an einem Beispiel: Ein Handy besteht aus sehr vielen verschiedenen Stoffen. Geht es kaputt oder wird einfach nicht mehr verwendet, landet es oft auf dem Müll. Recycelt werden kann es allerdings nur schwer, da alle Einzelteile aus verschiedenen Rohstoffen bestehen. „Bei Recycling-Technologien stehen wir, im Vergleich zu High-Tech-Technologien in der Produktion von Geräten, die wir verwenden, technisch noch am Anfang“, sagt Willi Haas vom Institut für Soziale Ökologie der Boku

„Diese Geräte haben heute Bestandteile aus zig Materialien. Das macht das Schließen des materiellen Kreislaufs schwer“, so Haas. In einer Kreislaufwirtschaft müsse man weiter denken als nur bis zum Recyceln. „Ein technisches Gerät kann man nur gut reparieren oder wiederverwerten, wenn man schon bei Design und Bau daran denkt.“

Recycling ist nur ein Teil der Kreislaufwirtschaft.
Foto: Jasmin Sessler / Unsplash.

Wie kommen wir zur Kreislaufwirtschaft?

Ein großer Schritt für Österreich wäre, so Haas, keine neue Infrastruktur zu bauen und Wege zu finden, alte Infrastruktur zu recyceln. Das gestaltet sich nicht nur deshalb schwierig, weil teilweise die technischen Mittel für das Recycling fehlen. Es spielt auch eine Rolle, wie hoch der Preis für den zu recycelnden Stoff ist.

Helfen würde es auch, Konsumgüter einzusparen, also weniger zu kaufen und altes zu reparieren, anstatt es wegzuwerfen. Doch hier driften die Interessen auseinander: Wenn weniger Dinge gekauft werden – weil man sich zum Beispiel nicht gleich das neueste Handy kauft, obwohl das alte noch in Ordnung ist – verdienen die, die Handys verkaufen, weniger Geld.

„Es ist derzeit nicht sehr wahrscheinlich, dass wir eine Kreislaufwirtschaft erreichen“, zieht der Studienautor Haas Resümee. „Dafür liegen Grundidee und Realität mitsamt ihren Interessenslagen und ihrem Beharrungsvermögen zu weit auseinander.“ Was also tun, damit der Earth Overshoot Day (der Tag, an dem wir so viele Ressourcen verbraucht haben, wie uns für ein ganzes Jahr zur Verfügung stehen, wenn wir der Erde nicht nachhaltig schaden wollen) nicht irgendwann am 1. Jänner landet?

„Es besteht die Frage, wie die Politik angesichts der Herausforderungen ins Handeln kommt“, meint Haas. Er rät zu einem Umdenken in Richtung Zirkulation statt Stoffdurchfluss. „Weil eine Transformation in Richtung Kreislaufwirtschaft das schrittweise aber entschiedene Ändern derzeitiger Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Konsum erfordert. Ressourcenknappheit sowie das Überstrapazieren planetarer Grenzen durch Abfall und Emissionen aber auch neue Arbeitsplätze durch den ressourcenschonenden Umgang mit Dingen könnten gute Argumente sein.“

Porträtfoto von Willi Haas. Er trägt ein kariertes Jackett und eine Brille und blickt direkt in die Kamera.
Dipl.-Ing. Dr. Willi Haas vom Institut für Soziale Ökologie der Boku.
Foto: Pilo Pichler.

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