Schrödingers Katze Schrödingers Katze

Der österreichische Wissenschaftsblog
42.000+ Fans

Eine Füllfeder schreibt mit schwarzer Tinte auf liniertem Papier.
17. Oktober 2020

Verräterische Handschrift

Von Schrödingers Katze
Kommunikation/Sprache
Der Schreibstil kann viel über eine Person verraten. Die forensische Linguistik macht sich das zu Nutze, um Autor*innen zu identifizieren.

Die forensische Linguistik beschäftigt sich mit der Analyse von Postings. Nachrichten oder anderen Texten um anhand des Schreibstils Hinweise auf die Identität der Autorin oder des Autors zu erhalten. In Straffällen können sprachwissenschaftliche Gutachter*innen so die Justiz bei der Suche nach den Täter*innen unterstützen.

Eine Lupe liegt über dem Wort "discrimination" in einem Wörterbuch.
Der Gebrauch bestimmter Wörter kann Hinweise auf Merkmale der Autorin oder des Autors liefern.
Foto: Ian Panelo / Pexels.

Forensische Linguistik hierzulande noch Neuland

Ähnlich wie beim analogen Schreiben haben wir auch im digitalen Raum eine „Handschrift“, die wir beim Schreiben von Nachrichten, Beiträgen und Kommentaren verwenden. Die Art, wie wir Satzzeichen setzen oder die Rechtschreibfehler, die wir machen, können uns dabei verraten. Je nachdem, wie eindeutig diese Hinweise sind (wenn beispielsweise immer derselbe Begriff oder bestimmte Emojis verwendet werden) brauchen Expert*innen mehr oder weniger Textproben, um eine Person zu entlarven.

„Wenn die Texte eines Autors oder einer Autorin spezielle Eigenheiten aufweisen und diese auch im Vergleichstext vorliegen, kann schon eine geringe Textmenge ausreichend sein, um ihn oder sie herauszulesen. Im besten Fall ist es eine Kombination mehrerer, seltener Merkmale“, so die Anglistin Karoline Marko von der Uni Graz. Sie hat sich auf forensische Linguistik spezialisiert.

Eine Person in einem hellblauen Hemd schreibt mit einem Kuli auf Papier. Das Gesicht der Person ist nicht zu sehen.
Wir haben zwar alle eine digitale Handschrift, einen sprachlichen „digitalen Fingerabdruck“ gibt es allerdings nicht.
Foto: Free-Photos / Pixabay.

Digitale Handschrift

Hier in Österreich gibt es noch sehr wenige Wissenschaftler*innen, die im Bereich der forensischen Linguistik forschen. Die Grazer Linguistin Karoline Marko sieht sich für ihre Habilitation Schreibprofile von sechzig Autor*innen über verschiedene soziale Medien (z.B. WhatsApp und Twitter) verteilt an und untersucht, ob sich bestimmte Merkmale herausfiltern lassen, die bei all diesen Medien gleich sind.

Wie eine Person schreibt, kann Hinweise auf wichtige Merkmale wie die soziale und regionale Herkunft, das Alter oder auch das Geschlecht geben. „Es ist sehr wichtig festzuhalten, dass linguistische Analysen am ehesten Aussagen über das soziale Geschlecht, also Gender, treffen können, was nicht immer mit dem biologischen Geschlecht korreliert“, weiß Karoline Marko. „Das stellt natürlich vor allem für die Arbeit in der Praxis eine große Herausforderung dar. Einige forensische Linguist*innen verzichten sogar gänzlich darauf, Aussagen über das Geschlecht einer Person zu machen.“

Aber lassen sich genaue Aussagen zu bestimmten Personen nur aufgrund ihres Schreibstils treffen? „Es gibt keine Indikatoren, die eindeutige Aussagen zulassen“, so die Anglistin Karoline Marko. „Da Sprache sehr komplex ist, können einzelne Merkmale, wie etwa die Verwendung bestimmten Vokabulars, durch unterschiedliche Konstellationen zustande kommen. Aber natürlich können gewisse Merkmale auch bewusst beeinflusst werden.“

Eine Person mit dunkel lackierten Fingernägeln hält ein Smartphone. Das Gesicht der Person ist nicht zu sehen.
Auch bei Hass im Netz könnte die Identitätsfindung der Täter*innen relevant werden.
Foto: Julie Ricard / Unsplash.

Anwendung vor Gericht

Möglich sei es allerdings, zwei Texte zu vergleichen und herauszufinden, ob sie von derselben Person stammen. Doch auch dafür gebe es keine vorher festlegbaren, generellen Indikatoren, abgesehen von allgemeinen Kategorien wie Interpunktion, Satzbau oder Wortwahl. „Im Grunde genommen muss man sich ansehen, was in den Texten vorhanden ist. Der beste Indikator ist nutzlos, wenn er in dem Text, der untersucht werden soll, nicht verwendet wird“, erklärt die Anglistin Karoline Marko.

Die Arbeit der Sprachwissenschaftlerin könnte in Zukunft auch in Österreich vor Gericht relevant werden. Der Textvergleich sei beispielsweise bereits möglich – vorausgesetzt, die Menge und Qualität der Daten reicht dazu aus. Im anglo-amerikanischen Raum kommt die forensische Linguistik bereits in der Praxis zum Einsatz, hierzulande ist man noch nicht ganz so weit.

Frau Karoline Marko lehnt an einer weißen Wand und lächelt in die Kamera.
Dr.phil. BSC Karoline Marko vom Institut für Anglistik der Uni Graz.
Foto: Konstantinov / Uni Graz.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Facebook Like-Button zu laden.

Inhalt laden


Teile den Beitrag auf

Facebook
Twitter
Monatliche Updates in deiner Inbox!

Diese Artikel solltest du ebenfalls lesen

  • Eine Pistole ist auf eine Person gerichtet, die ihre Hände hochhält. Es sind jedoch nur die Schatten der beiden Menschen zu sehen, das Bild ist schwarz-weiß.

    Warum lieben Frauen True Crime?

    März 1, 2023
  • Ein Paar ist zu sehen, der Mann trägt die Frau auf seinem Rücken.

    Beziehungszufriedenheit: Frauen und Männer gleich wichtig

    November 9, 2022
  • Eine Bibliothek mit vielen Büchern.

    Wir schätzen Informationen wie Gegenstände

    Oktober 5, 2022
« Das Liebesleben der Aale
Die stressfreie Kartoffel »

Aktiv werden

Katzenpost

PapierfliegerDu hast Vorschläge zu Themen, die wir behandeln sollen? Dann schick sie uns!

Mit der Verwendung des Kontaktformulars nimmst du unsere Datenschutzerklärung zur Kenntnis.

    Zum Absenden des Formulars muss Google reCAPTCHA geladen werden.
    Google reCAPTCHA Datenschutzerklärung

    Google reCAPTCHA laden

    Schrödingers Katze
    • › Impressum
    • › Datenschutz
    • › Über uns
    • › Kontakt