Eine interaktive Ausstellung vom Angewandte Innovation Lab in Wien macht die Thematik greifbar. Im Gespräch mit Schrödingers Katze gibt Martina Fröschl vom Science Visualizations Lab von der Uni für Angewandte Kunst Einblick in die Zusammenarbeit zwischen Kunst und Wissenschaft.
Schrödingers Katze: Wie kam es zu der Idee, sich mit einem Kunstprojekt der Verschmutzung der Meere zu widmen?
Martina Fröschl: Der Ursprung des Projekts waren drei 3D Modelle, die für den Film „Voyage of Time“ von Terrence Malick im Science Visualization Lab der Universität für angewandte Kunst Wien in Auftrag gegeben wurden. Die Shots mit den Modellen wurden zwar kurz vor der Veröffentlichung des Films herausgeschnitten, aber die Daten waren vorhanden.
Der Leiter des Science Visualization Labs Angewandte und erfolgreicher Dokumentarfilmregisseur und -produzent Alfred Vendl wollte mit den nun vorhandenen Modellen die Evolutionsgeschichte, also den Zeitpunkt in der Entwicklung des Lebens zeigen, an dem es das erste Mal geschehen ist, dass ein Organismus sich Energie verschafft, indem er einen anderen Organismus aufnimmt. Der Ursprung von „Fressen und Gefressen werden“ sollte damit gezeigt werden.
Die Sequenzen wurden mit „The First Greed“ benannt. Wir haben diese Computeranimationen unter anderem Victoria Vesna gezeigt, der bekannten Medienkünstlerin, Professorin und Leiterin des ArtSci Centers UCLA. Wir fanden heraus, dass wir eine gute kreative Energie haben, wenn wir entspannt zusammensitzen. Victoria war zu dieser Zeit daran interessiert, ein Projekt, das auf das Problem der Lärmverschmutzung der Meere aufmerksam macht, zu gestalten. Im Team haben wir die Idee, den Einfluss von steigenden Lärmpegeln in den Meeren, in Kunstinstallationen umzusetzen, weiterentwickelt.
Plankton ist sehr wichtig für das Ökosystem, unter anderem für die Sauerstoffproduktion. Warum sind dennoch Bilder von gestrandeten Walen und Schildkröten, die sich in Fischernetzen verheddern, so allgegenwärtig? Sollte man ersteren mehr Aufmerksamkeit schenken?
Plankton sollte definitiv mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden! Ohne das Futter, das heißt die Grundlage der Nahrungskette, können die größeren Meereslebewesen nicht überleben. Für den Planeten und uns Menschen am interessantesten ist naturgegeben die Tatsache, dass uns ohne pflanzliches Plankton der Sauerstoff ausgehen würde. Wenn man die Möglichkeiten hat, Plankton durch 3D-Scans in den Fokus zu rücken, ergibt sich eine beeindruckende Formenvielfalt, die mitunter interessanter sein kann, als die in dem Zusammenhang mit Lärmverschmutzung meistens gezeigten Wale.
Grundsätzlich werden in den Medien vor allem Tiere gezeigt, die jede Person kennt, um einen direkten mentalen Bezug herzustellen. Wir wollen mit „Noise Aquarium“ Organismen zeigen, die mit freiem Auge kaum sichtbar und dennoch interessant und lebenswichtig sind. Durch Großprojektionen und interaktive Installationen werden Lebewesen ins Rampenlicht gerückt, deren Wichtigkeit oft unterschätzt wird.
Woher stammen die 3D-Scans der Tierchen?
Die 3D-Scans und zusätzliche mikroskopische Bilder werden von den Biologen, Imaging Experten und Kollaborationspartnern Stephan Handschuh und Thomas Schwaha für uns erstellt und aufgenommen. Am Beginn der Erstellung eines neuen Organismus-Modells sitzen wir zusammen und entscheiden gemeinsam, welche Lebewesen in Frage kommen. Nach dem die 3D-Scan Daten erstellt wurden, setzen wir uns wieder zusammen und besprechen etwaige Korrekturen und die Bewegungen, die animiert werden sollen.
Was erwartet TeilnehmerInnen in der Ausstellung? Was ist ihre Rolle?
Die Ausstellung zeigt eine fiktive Zukunft. Im Erdgeschoß der Ausstellung befindet man sich im Jahr 2047 – unser Projekt „Noise Aquarium“ wird im Untergeschoss gezeigt und vermittelt das Jahr 2019 aus der Sicht dieser fiktiven Zukunft. Das Noise Aquarium zeigt wie Probleme wie Plastikverschmutzung, Lärmverschmutzung und der Verlust der Balance von Ökosystemen sichtbar gemacht werden können. In unserem Teil der Ausstellung haben Besucher die Möglichkeit, exemplarisch Plankton Lebewesen genauer zu betrachten. Sie können versuchen, metaphorisch in der interaktiven Kunstinstallation die Balance des gezeigten Ökosystems zu beeinflussen. Die ganze Installation wird in einem ansprechenden Unterwasser-Szenario gezeigt, weil der Meeresspiegel bereits soweit gestiegen ist, dass das Untergeschoss unter Wasser steht.
Es wird neben der interaktiven Hauptinstallation auch Informationen in Form von Augmented Reality Videos geben sowie einen Reflektionsraum, um Unterwasser entspannen zu können und über das Gesehene zu reflektieren. Außerdem werden die erfolgreichen Balanceakte der Besucher gezählt. Wir sind gerade auf Sponsorensuche, um einen Betrag, der von den Besuchern erspielt wird, an Umweltschutzorganisationen, die sich auf das Ökosystem Ozean spezialisiert haben, zu spenden. Außerdem wird es dazu passend Performances und Vorträge geben.
Was sagt die Ausstellung über die Rolle der Menschen im “echten” Ökosystem aus?
Jede Person hat einen Einfluss auf Ökosysteme und die Umgebung, die sie beleb,t und sollte sich dessen bewusst sein. Wir Menschen sind keine in sich abgeschlossenen Einheiten, die ohne ihre Umgebung existieren. Die interaktive Medieninstallation „Noise Aquarium“ zeigt metaphorisch diese Interkonnektivität mit unserer Umwelt. Die Besucher steuern die Installation mit ihrem Gewicht und versuchen, eine Balance herzustellen. Es ist daher auch ein Hinweis auf den CO2-Fußabdruck, den jede einzelne Person hinterlässt. Der Einfluss auf ein biologisches System durch den Menschen wird immersiv wahrnehmbar und sinnlich erlebbar.
Genaueres findet sich zeitgerecht auf der Website des AIL. Die Ausstellung wird am 28. 5. 2019 eröffnet und kann dann regulär von 29. 5. – 31. 7. 2019 zu den Öffnungszeiten des Angewandte Innovation Lab besucht werden.