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Schwarz-Weiß-Foto von zwei Musiker*innen, die auf einem Balkon Gitarre spielen.
20. November 2020

Glücksnoten

Von Schrödingers Katze
Kunst & Kultur
Musik macht glücklich, deshalb ist sie gerade in Krisenzeiten ein sozialer und mentaler Fels in der Brandung.

Musik beeinflusst, wie wir uns fühlen, und unsere Gefühle beeinflussen unser Bedürfnis nach Musik. Das zeigt sich besonders stark in Zeiten, in denen die Not groß ist.

Eine Person spielt draußen Geige.
Freischaffende Musiker*innen in Österreich hatten es schon vor Covid-19 schwer.
Foto: Clem Onojeghuo / Unsplash.

Zusammenhalt in der Krise

Die Musikbranche leidet unter der Coronakrise, wie so viele andere. „Die Lage der Musiker*innen in Österreich war schon vor Covid-19 schlecht“, sagt der Musikökonom Peter Tschmuck von der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw). Die Krise stelle eine „finanzielle Katastrophe“ dar, insbesondere für die freie Musikszene. Musiker*innen müssten deshalb langfristig unterstützt werden, so Tschmuck: „So kann sichergestellt werden, dass das Musikland Österreich weiterhin seine Strahlkraft behält und das über Jahrzehnte aufgebaute internationale Renommée nicht verloren geht.“

Die Krise zeigt auch die systemerhaltenden Effekte von Musik, zum Beispiel als die „Balkon-Konzerte“ in der ersten Hälfte des Jahres 2020 jenen Trost spenden sollten, die im Lockdown zuhause bleiben mussten. Krisen scheinen aber auch thematisch in der Musik auf. Als Beispiel nennt der Kulturhistoriker Peter Pichler von der Uni Graz die heimische Heavy-Metal-Szene: „Gesellschaftspolitische Entwicklungen und Themen wie die Emanzipation der Frau, Migration und auch die Coronakrise werden in den Liedern sichtbar.“

Pichler arbeitet in einem vom österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) finanzierten Projekt die Geschichte der steirischen Heavy-Metal-Szene auf. Besonders in unsicheren Phasen können solche Musik-Communities Rückzugsmöglichkeiten bieten: „Bei Entfremdung von der Gesellschaft oder Zukunftsangst benötigen gerade junge Menschen Idole, an die man sich klammern kann“, erzählt Pichler. „Schutzräume, wie etwa Konzerte, lassen Alltagsprobleme zur Nebensache werden und für kurze Zeit in eine andere Welt eintauchen.“ 

Schwarz-Weiß-Foto von einer Person vor einem Plattenspieler.
Die eigene Lieblingsmusik kann sich so positiv auf die Gesundheit auswirken, dass sie sogar in der Musiktherapie eingesetzt wird.
Foto: Juliana Mergener / Unsplash.

Glücksmomente durch Musik

Gibt es gerade keine Konzerte, schaffen Menschen sich eben andere Musik-Schutzräume. „Nicht zuletzt die beeindruckenden Bilder von spontanen Straßengesängen aus Italien im Frühling haben die ‘Macht der Musik’ im Hinblick auf das Zusammengehörigkeitsgefühl gezeigt“, erinnert der Musiktherapeut Thomas Stegemann von der mdw.

Für die Glücksgefühle, die man beim gemeinsamen Musizieren erlebt, gibt es eine wissenschaftliche Erklärung: Sie werden von dem „Bindungs- und Glückshormon“ Oxytocin ausgelöst, erklärt Stegemann. „Unter anderem durch die rhythmische Komponente der Musik kann über das Erleben von Synchronizität ein unglaublich starkes Gemeinschaftsgefühl entstehen, das jeder kennt, der mal in einer größeren Gruppe gesungen hat – sei es im Kirchenchor oder im Fußballstadion.”

Musik schafft nicht nur sozialen Zusammenhalt, sie spendet auch Trost. „Es ist kein Zufall, dass Mütter mit ihren Säuglingen in einer Art Singsang kommunizieren oder dass Schlaflieder überall auf der Welt die gleichen Parameter aufweisen“, so Stegemann. Das Anhören von positiv konnotierter Musik führt dazu, dass das Belohnungssystem im Gehirn aktiviert wird, wie auch beim Essen. „So kann Musik dafür sorgen, dass wir von negativen Gedanken abgelenkt werden und Freude oder Glücksgefühle erleben können. Das ist gerade in Krisenzeiten eine wichtige Ressource, die uns über Musik zur Verfügung steht“, meint der Musiktherapeut. 

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Kostenlose Musiktherapie online

Thomas Stegemann hat inmitten der Coronakrise ein musiktherapeutisches Online-Angebot auf die Beine gestellt. Es richtet sich an Menschen, die aufgrund der Situation emotional belastet sind. Sie können sich ein Lieblingslied wünschen, dass ihnen dann bei einem (Video-)Telefonat von einer Musiktherapie-Fachkraft oder einer oder einem Musiktherapie- Studierenden vorgespielt wird. Anschließend kann dann über das Lied gesprochen werden. „Lieblingslieder beinhalten ja immer ein Stück persönliche Geschichte, die durch das gemeinsame Anhören erzählt und mitgeteilt wird – ein menschliches Grundbedürfnis“, so Stegemann über das Angebot. 

Das Lieblingslied-Projekt wird von der mdw und und dem Wiener Zentrum für Musiktherapie-Forschung wissenschaftlich begleitet, etwa um herauszufinden, wie Musik zur persönlichen Lieblingsmusik wird und welche Rollen sie in Krisenzeiten spielt.

Ein Porträtfoto von Thomas Stegemann vor einem weißen Hintergrund, er trägt einen Anzug und eine Brille.
Dr. Thomas Stegemann, Leiter des Instituts für Musiktherapie der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien.
Foto: Foto Wilke.

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