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Eine Katze blickt durch an einem Fenster vorbei, in dessen Glas sie sich spiegelt.
13. November 2020

Wenn Tiere lügen… Ein wissenschaftlicher Blick auf Mogelei, Schwindeln und Lügen im Tierreich

Von Schrödingers Katze
Faktencheck
Kann man es wirklich gleich "lügen" nennen, wenn Haustiere sich noch ein Leckerli erbetteln?

„Ganz ehrlich, welcher Haustierbesitzer kennt das nicht?“ Den flehenden Blick der Hauskatze, wenn es um den dritten Nachmittagssnack geht; oder aber das freudige Hecheln des Beagle Charly, sobald das Herrchen oder Frauchen in die Nähe kommt und er spielen will. Bestimmt sind diese Verhaltensweisen allen Haustierhälter*innen unter uns bekannt. Doch es stellt sich die Frage, ob diese Umgangsformen im Tierreich gezielt zum Einsatz kommen, wenn es etwa darum geht das Herrchen oder Frauchen zu beeinflussen.

Führt man diese Gedanken nun fort, ergibt sich ein spannendes Themenfeld rund um den Gegenstand „Tricksen, Mogeln und Schwindeln im Tierreich.“ Dazu haben wir uns mit dem Professor der Zoologie der Universität Salzburg Dr. Jan Habel unterhalten. Neben den speziellen Tricks der Tiere, geht er auch auf Ziele ein und blickt auf die Herausforderungen dieses Forschungsfeldes.

Dieser Gastartikel von Julia Romanin und Katharina Schöppl ist bereits auf dem Blog ComUNIty der Uni Salzburg erschienen.

Können Tiere wirklich lügen?

Um herauszufinden, warum und wie Tiere lügen, haben wir uns mit dem Biologieprofessor Dr. Jan Habel von der Uni Salzburg getroffen. Auf die Frage, warum Tiere lügen, hat er sofort eine interessante Antwort parat. Er erzählt, dass im Tierreich die häufigsten Ansätze des Lügens etwas mit der Partnerfindung, dem Konkurrenzdenken, aber auch mit Überlebensmechanismen zu tun haben.

Als Beispiel nennt er das Tagpfauenauge bei den Schmetterlingen. Das Tagpfauenauge hat große ‚Augenflecken‘ auf seinen Flügeln. Mit diesen signalisiert der Schmetterling, ein riesiges Tier zu sein. Der Feind denkt nun, dass er einem sehr großen Tier gegenübersteht und lässt den Schmetterling in Frieden. Wir Menschen würden diesen Überlebensmechanismus des Schmetterlings als Lüge bezeichnen, aber der Organismus macht das nicht bewusst, sondern die Täuschung ist im Laufe von tausenden von Jahren und Generationen entstanden.

Ein bunter Schmetterling auf einer gelben Blume.
Auch die Raupen von Schmetterlingen kennen das Tricksen und Täuschen.
Foto: Krzysztof Niewolny / Unsplash.

Bewusstes Lügen, oder doch eher ein Produkt der Evolution?

Ähnlich verhält es sich mit den Raupen von Schmetterlingen. Es gibt einige, die das Aussehen eines Astes übernehmen, etwa in Form von Blattadern und fauligen Stellen. Hier könnte man ebenfalls behaupten, dass dies eine Lüge ist, im Grunde handelt es sich aber nur um eine Tarnung der Raupe, die das Überleben zum Ziel hat. Die Raupe macht das nicht bewusst. Außerdem erklärt uns Professor Dr. Habel, dass man zwischen Lügen unter verschiedenen Arten (Art A lügt Art B an) und zwischen Lügen innerhalb einer Art (Art A lügt Art A an) unterscheiden muss.

Weiters besteht die Notwendigkeit zu differenzieren, welcher Vorgang bewusst geschieht und was eine Anpassung an die Umwelt darstellt und vielmehr von uns Menschen als Lüge empfunden wird. Denn die meisten Täuschungen, die wir Menschen als Lügen bezeichnen würden, sind eher Evolutions- oder Selektionsprodukte und haben per se nichts mit Lügen zu tun. Hier erklärt uns Professor Dr. Habel noch ein Beispiel zu Schlangen. Giftige Schlangen haben oftmals eine bestimmte Färbung bzw. Zeichnung – genau diese Färbung bzw. Zeichnung übernehmen nun andere nicht giftige Schlangenarten, um wiederum im Kampf um das Überleben zu bestehen.

Eine grüne Raupe auf einem grünen Ast.
Raupen wie diese täuschen einem anderen Tier vor, Teil des Asts zu sein.
Foto: icon0.com / Pexels.

Sind Lügen im Tierreich messbar?

Schwierig wird es, wenn es um die Frage geht, wie man diese „Lügen“ messen kann. In der Verhaltensbiologie gibt es einige Forschungsrichtungen, welche Verhalten, Lügen, Anpassung, etc. analysieren. Methodisch wird hier völlig unterschiedlich herangegangen. Ein Beispiel hierfür wäre die Bioakustik, welche sich mit Schallphänomenen bei Organismen, ihrer Erzeugung, Übertragung und Wirkung beschäftigt.

Professor Dr. Habel erklärt uns die Bioakustik anhand des Beispiels des Kuckucks. Dieser legt sein Ei in ein fremdes Nest, wobei die Eier zunächst so angepasst werden, dass sie den restlichen Eiern des Nestes in ihrer Art sehr ähneln. Der Kuckuck ist darüber hinaus in der Lage, sehr ähnliche Rufe zu jenen der anderen Brut von sich zu geben. Dies macht er bewusst, um den Eltern zu signalisieren, dass mehr Nachwuchs im Nest ist, damit sie im Umkehrschluss ausreichend Nahrung mit in das Nest zurückbringen.

„Tricksen“ nun auch unsere Haustiere?

Zuletzt stand zur Frage, ob uns auch unsere Haustiere bewusst oder unbewusst „anschwindeln“. Professor Dr. Habel hatte auch darauf eine klare Antwort: Ja. Als Beispiel nennt er in diesem Zusammenhang den Hund. Jede Hundebesitzerin und jeder Hundebesitzer weiß, dass wenn der Hund etwas macht, was er nicht tun sollte und er daraufhin bestraft wird, oftmals ein wehmütiger Blick die Folge ist. Das ist erlerntes Verhalten. Der Hund lernt mit der Zeit, wie er den Menschen ansehen muss, damit dieser Mitleid mit ihm bekommt und ihm die Strafe erlässt. Dieses Verhalten ist damit eindeutig nicht genetisch, sondern erlernt.

Ein Golden Retriever Welpe liegt auf dem Boden blickt schuldig drein.
Ein wehmütiger Blick von Hunden ist nicht keine genetisch Bedingte Reaktion auf böse Worte, sondern vielmehr erlerntes Verhalten.
Foto: Matthew Folds / Unsplash.

„Lüge ist nicht gleich Lüge“

Nach der Unterhaltung mit Herrn Professor Dr. Habel bleibt insofern festzuhalten, dass Lügen im Tierreich nicht mit Lügen der Menschen gleichgesetzt werden kann. Einerseits ist das tricksende Verhalten im Tierreich häufig genetisch bedingt, es dient der Lebenserhaltung. Andererseits lernen Tiere sich auf das Verhalten von Menschen einzustellen und nehmen daher bewusste Verhaltensweisen auf. Das nächste Mal, wenn sich nun eine oder einer unter euch fragen sollte „Wieso weiß meine Katze, mein Hund, etc. immer genau wie sie mich umstimmen kann?“, dann wisst ihr „Ach ja, ich selbst habe es meinem Haustier ja schließlich beigebracht.“

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