Das biblische Pfingstwunder – „und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer“ – bescherte den Aposteln die Fähigkeit, plötzlich in anderen Sprachen predigen zu können. Man muss natürlich weder Apostel sein, noch auf ein Wunder warten, um eine Fremdsprache zu beherrschen. Allerdings geht es bei den meisten von uns nicht ganz so schnell wie in der Bibel, auch wenn mehr und weniger seriöse Werbungen und Youtube-Videos Ähnliches suggererieren. Online finden sich aber auch inspirierende Beispiele dafür, was alles möglich ist:
Wie und wann man Sprachen am besten lernt, hat Annemarie Peltzer-Karpf gezielt mit einer Studie am Institut für Anglistik an der Karl-Franzens-Universität Graz erforscht: Menschen verschiedener Altersgruppen haben Fremdsprachenunterricht besucht und begleitend wurde untersucht, wann sie welche Fähigkeiten erlernt haben. Peltzer-Karpf hat Schrödingers Katze erklärt, was man dabei beachten sollte.
Noch einmal Anfänger
Wichtig ist, dass man Spaß an der Sache hat und auch genügend Zeit und Energie fürs Lernen mitbringen kann. Wer noch nach einem langen Arbeitstag einen Sprachkurs und den vielleicht nicht ganz freiwillig besucht, wird im Normalfall deutlich kleinere Fortschritte erzielen. Sprachkurse sind zwar gut geeignet, um unter kompetenter Anleitung eine Sprache zu erschließen, aber nicht jedermanns Sache: „Vor allem für Menschen, die sich erfolgreich im Berufsleben bewegen, ist es oft schwierig, zu akzeptieren, dass sie Anfänger sind. Häufig fühlen sie sich in einer Gruppe weniger wohl“, weiß die Expertin.
Man kann Sprachen aber auch anders lernen: Dazu braucht es entsprechendes Unterrichtsmaterial um sich einen ersten Überblick über eine Sprache zu verschaffen. Mittlerweile gibt es ein riesiges Angebot an Büchern, Hörbüchern, Videos und interaktiven Apps. Eine grundlegende Kenntnis von Grammatik und Vokabeln legt den Grundstein, um sich eine Sprache in der Praxis aneignen zu können. Praxis heißt dann etwa Zeitungen und Literatur zu lesen, Radio zu hören und Filme anzusehen.
Ganz ohne Trockentraining geht’s selten
Ob jemand lieber Grammatik und Vokabeln lernt oder sich Hals über Kopf in eine neue Sprache stürzt, ist letztlich individuell unterschiedlich. Es gibt aber kaum Menschen, denen sich Sprachen ohne jegliches Trockentraining erschließen. Wer eine Sprache auch sprechen können will, wird sich das wesentlich schneller mit einer Konversationspartnerin aneignen können. Ein längerer Aufenthalt in einem Land mit entsprechender Landessprache ist dabei natürlich auch von Vorteil.
Wenig überraschend lernt man Sprachen der gleichen Sprachfamilie schneller: Also Deutschsprechende lernen leichter Niederländisch als Mandarin oder Arabisch. Ist der Einstieg aber einmal geschafft, tut mich bei weitern Sprachen einer Sprachfamilie deutlich leichter. Etwa anhand der romanischen Sprachfamilie wird für viele sichtbar: Beherrscht man eine dieser Sprachen wie Italienisch, Japanisch oder Französisch, fällt es einem auch leichter, sich in den verwandten zurechtzufinden.
Englisch mit Kindern sprechen?
„Am einfachsten ist es für Kleinkinder, Sprachen zu lernen. Sie lernen das komplett im Kindergarten auf eine spielerische Art und Weise“, sagt die Anglistin. Für Kleinkinder ist es auch überhaupt kein Problem, zweisprachig aufzuwachsen, sprich zwei Sprachen gleichzeitig zu lernen. „Das muss aber natürlich erfolgen. Es macht keinen Sinn, das künstlich herbeiführen zu wollen. Wenn Eltern mit ihren Kindern englisch sprechen, wenn das nicht ihre eigentliche Muttersprache ist, ist das nicht sinnvoll.“
Dass Kinder Sprachen besonders leicht aufschnappen hat mehrere Gründe: Sie lernen allgemein schnell und haben ein sehr feines Gehör, das phonetische Nuancen exakt wahrnimmt. Um eine zweite Sprache zu lernen, brauchen Kinder LehrerInnen, die eine Fremdsprache selbst gut beherrschen und weitgehend akzentfrei sprechen können.
Spracherwerb ist Hirntraining
Eine gute Voraussetzung für das Lernen einer Fremdsprache im Erwachsenenalter ist eine bis zum Ende der Pubertät voll entwickelte Muttersprache. Ist das nicht der Fall, was allerdings nur selten vorkommt, ist jeder weitere Spracherwerb schwierig. „Im fortgeschrittenen Alter eine erste Fremdsprache zu lernen, ist aber meist etwas kniffelig, wenn auch nicht unmöglich. Grundsätzlich kann man in jedem Alter noch eine Sprache lernen.
Das hängt davon ab, wie motiviert man ist und welchen Erfolg man haben will“, sagt Peltzer-Karpf. Selbst im hohen Alter ist es möglich, sich eine Sprache so gut anzueignen, dass man sie lesen und schreiben kann. Menschen, die es gewohnt sind, geistig aktiv zu sein, tun sich dabei deutlich leichter. Darüber hinaus stellt der Spracherwerb selbst ein gutes Training für das Gehirn dar.
Sprache und Musik
Musikalität wirkt sich generell positiv auf den Spracherwerb aus, wie die Forscherin in Ihren Studien bestätigen konnte: „Kinder, die ein Musikinstrument spielen, erlernen auch schneller Fremdsprachen. Sie sind es gewohnt auf Konturen und Muster, auf die Reihenfolge von Elementen in einem Klangbild zu achten.“ Allerdings bedeutet das nicht, das musikalische Menschen Sprachen dann automatisch beherrschen. Selbst gute Sänger- und SängerInnen haben häufig deutlich hörbare Akzente.
Es gibt also viele Wege und Gründe sich eine neue Sprache anzueignen. Wer noch nach einem besonders guten Grund sucht, der wird in einem Sprichwort aus dem Tschechien fündig: „Du hast so viele Leben, wie du Sprachen sprichst.“