In den aktuellen Charts der inflationären Ausdrücke ist Innovation eine Top-Platzierung sicher. Innovativ – das ist heute alles. An zwölf österreichischen Universitäten wurde in den vergangenen Monaten versucht, den Begriff tatsächlich mit Leben zu füllen. Ideen aus der Gesellschaft sollten auf Expertise aus der Uni treffen und zu einem anregenden Austausch der Gedanken führen. Der Living Container von Marcel Mild ist eines von insgesamt vierzehn Siegerprojekten der Open Innovation Initiative Ö1 Hörsaal. Ein Container, der als Wohnung der Zukunft genutzt werden soll. Sparsam, nachhaltig und individuell, so meint Marcel Mild. Aktuell steht ein Prototyp vor der Universität Klagenfurt, die sich der Container-Idee angenommen hat. Milds Vision steht aber nicht als lebensgroße Werbeeinschaltung in Klagenfurt. Der Container dient vielmehr als Anregung zur Auseinandersetzung. Die Stahlkonstruktion ist ein work in progress, das Reibung ermöglichen und Ideen anziehen möchte. An den so genannten Open House Days ist Marcel Mild dann auch selbst vor Ort; ansonsten können ihm Postkarten mit Anregungen hinterlegt werden. Die Idee basiert auf Upcycling, also dem positiven Zweckentfremden von Gegenständen für die unsere Gesellschaft keine Verwendung mehr hat. 12-13 Jahre ist so ein Container normalerweise im Einsatz. Hat er dieses Haltbarkeitsdatum überschritten, landet er im Müll. Daber stecke noch so viel Leben in ihm, dachte sich Marcel Mild. Viel Leben, auf wenig Platz und das ganze noch relativ mobil und flexibel. Passt eigentlich genau zu aktuellen städtischen Wohnungstrends. „Wir wollen keine perfekte Fassade, sondern Inhalt. Anstreichen und Anmalen kann jeder, aber wir wollen zeigen, was dahinter steckt“, meint Mild im Hinblick auf den Kern seiner Idee. Wer diesen Inhalt mit eigenen Augen sehen will: am Mittwoch, 25. März 2015, öffnet der Living Container zum letzten Mal seine verglaste Pforte. Für Schrödingers Katze hat sich Romy Müller umgesehen und mit Marcel Mild gesprochen:
![SONY DSC](https://www.schroedingerskatze.at/wp-content/uploads/2015/03/Living-Container-am-AAU_Campus_10032015_Foto-aau_maier-6.jpg)
„Wir waren von der Upcycling-Idee begeistert.“
![Sieht sehr gemütlich aus. Dabei muss der Living Container nicht allen gefallen. "Wir wollen gar nicht, dass jeder es toll findet, auf 25 Quadratmetern zu leben. Aber es soll manchen zu denken geben, dass aufgrund der Industrialisierung es nicht mehr Ziel sein kann, ein 300-Quadratmeter-Haus in die Pampa zu stellen, wo aber die Kinder definitiv nicht mehr dort leben werden. Der Hintergrund, warum wir den Container mit der Rost-Patina roh lassen und ihn nicht verkleiden, ist uns wichtig: Wir wollen keine perfekte Fassade, sondern einen Inhalt. Anstreichen und Anmalen kann jeder, aber wir wollen zeigen, was dahinter steckt. Wir verstehen unsere Container auch als Kunst und Kultur."](https://www.schroedingerskatze.at/wp-content/uploads/2015/03/LivingContainer_Foto-AAU_RomyMueller-6_Innenleben-des-Prototypen_Kueche-Wohnbereich-1024x681.jpg)
„Letzte Woche ist bereits die 100. Mietanfrage bei uns eingelangt. Das ist sehr viel für Klagenfurter Verhältnisse.“
![Im Sanitärbereich. Marcel Mild selbst ist Maschinenbauer und Metallurge. "Ich bin der, der weiß, wie der Stahl produziert wird, in dem wir hier sitzen. In Wien habe ich außerdem Projektmanagement studiert." Ob es für ihn selbst vorstellbar wäre, so zu leben? "Definitiv. Ich habe während meiner Studienzeit in einem WG-Zimmer gewohnt, das wesentlich kleiner war. Wenn ich jetzt noch keine Kinder hätte, würde ich hier einziehen. Wenn die Infrastruktur passt, das muss zentral liegen."](https://www.schroedingerskatze.at/wp-content/uploads/2015/03/LivingContainer_Foto-AAU_RomyMueller-7_Sanitaerbereich-rechts-mit-WC-und-Waschbecken-1024x681.jpg)
„Wenn wir uns jetzt vorstellen, dass dieser Container von ein paar Jahren beispielsweise mit Tonnen von Bananen in Hongkong gemeinsam mit 36.000 andere Containern eingefahren ist, ist das doch unglaublich, oder?“
![Es war einmal ein handelsüblicher Container. Von diesen hat Marcel Mild schon viele gesehen. Und so kam er auf seine Idee: "Ich war länger beruflich in Holland – als Projektleiter im Hafen von Rotterdam, aber auch etwa in Hamburg. In dieser Zeit hatte ich mit Containern zu tun. Dann habe ich mir gedacht, warum wirft man diese nach 12-13 Jahren weg, wenn diese doch noch viel länger halten würden. Ich habe recherchiert und gesehen, dass es in Holland so ähnliche Systeme – nur für Studierende – gibt. Dann habe ich mir gedacht, das ginge in Österreich auch."](https://www.schroedingerskatze.at/wp-content/uploads/2015/03/LivingContainer_Foto-AAU_RomyMueller-21_Hoehenmass-1024x681.jpg)
„Die Bürger sollen das Projekt mitentwickeln. Zum Beispiel soll es mehr Stauraum geben, beispielsweise mit Hängeschränken. Da werden wir noch etwas entwickeln.“
![Der Container als Anregung an die Uni. "Im Moment sind wir auf der Suche nach Studierenden oder Professoren, die das Thema aufgreifen und auch in Richtung einer sozialen Innovation forschen: Wie kann das Utopia eines gemeinschaftlichen Zusammenlebens aussehen? Wir sprechen mit unserem Projekt nicht nur Studierende an, sondern wir wollen uns an ein breites Publikum richten. Wir haben verschiedene Kategorien: Barrierefrei, Büro- und Geschäftsflächen, Single- und Standardkategorie. Wir versuchen, eine große Gemeinschaft zu schaffen, wo doch auch jeder seine eigene Wohnung hat. Wir wollen, dass es dazu Studien- und Bachelorarbeiten gibt, in denen das wissenschaftlich aufgearbeitet wird."](https://www.schroedingerskatze.at/wp-content/uploads/2015/03/LivingContainer_Foto-AAU_RomyMueller-17_Uni-in-der-Spiegelung-1024x681.jpg)
„Wer in den Containern lebt, kann keiner sein, der sich in seinem Haus versteckt, sondern ist ein offener Mensch.“
![In Klagenfurt jedenfalls ein beliebter Treffpunkt. Die soziale Komponente des Living Containers ist Marcel Mild auch wichtig: "Hier lebe ich in einer Gemeinschaft, und doch nicht alleine. Wenn ich hinausgehe, habe ich Nachbarn, die offen sind. Wer in den Containern lebt, kann keiner sein, der sich in seinem Haus versteckt, sondern ist ein offener Mensch. Da versuchen wir – gemeinsam mit der Uni – ein nachhaltiges Konzept dafür zu entwickeln. Solche Projekte gibt es ja bereits, aber meist sind sie nicht nachhaltig, da es an einem Wohnkoordinator fehlt, der darauf schaut, wer hier wie wohnt. Die Bewohner müssen bewusst ausgewählt werden. Wir versuchen daher auch, klein zu beginnen: Zum Beispiel mit 10 Wohnungen, wo 2 beeinträchtigte Menschen im Erdgeschoß wohnen, 3 ältere Leute und 5 Studierende, Pendler, Berufstätige."](https://www.schroedingerskatze.at/wp-content/uploads/2015/03/LivingContainer_Foto-AAU_RomyMueller-15_grosses-Interesse-und-Beratung-1024x681.jpg)
350 Euro für einmal „Container All-In“
![Der Mietpreis eines Containers wird zwischen 350 und 400 Euro liegen. Das ist mehr als ein Studierendenheime in Klagenfurt kosten. Dabei gibt es aber noch Spielraum. "Wer sich das nicht leisten kann, hat die Möglichkeit, Mietbeihilfe zu beziehen. Das sind bis zu 70 Euro im Monat. Dann liegen wir auch bei den Preisen der anderen Möglichkeiten. Außerdem sind die Mietpreise der Container All-In-Preise: inkl. Möbel, Internet, Heizung, Strom etc."](https://www.schroedingerskatze.at/wp-content/uploads/2015/03/LivingContainer_Foto-AAU_RomyMueller-16_Uni-in-der-Spiegelung-1024x681.jpg)
Alle Fotos des Beitrages stammen von Romy Müller, sämtliche ausgewiesenen Zitate von Marcel Mild. Seinen Container kann man auch virtuell besuchen, etwa auf Facebook.
Der Open Innovation Ideenwettbewerb, bei dem Marcel Mild von der Uni Klagenfurt prämiert wird, nennt sich Ö1 Hörsaal. Initiiert von der Österreichischen Universitätenkonferenz (uniko), dem ORF Radiosender Ö1 und ISN versucht der Ö1 Hörsaal, gesellschaftlichen Herausforderungen kreativ zu begegnen und neue Impulse aus der Gesellschaft an die Unis zu bringen. Hintergründe und Ergebnisse des Open Innovation Ideenwettbewerbs gibt es hier.
Das letzte Open House findet am Mittwoch, 25. März 2015 von 10.00 bis 18.00 Uhr statt.