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Leere Klopapierrolle mit der Aufschrift "Don't panic"
9. April 2020

Warum wir Vorräte hamstern

Von Schrödingers Katze
Psyche
Mitte März 2020, kurz bevor die Ausgangsbeschränkungen in Kraft traten, zeigten sich ungewöhnliche Bilder in Österreich. Leere Supermarktregale, ewig lange Schlangen an den Kassen, Einkaufswägen voller Toilettenpapier und Nudeln. Wie kam es dazu?

Vor allem zu Beginn der Corona bedingten Ausgangsbeschränkungen kauften Menschen Vorräte ein, als stünde eine Lebensmittelknappheit bevor. In manchen Supermärkten kam es zu Ausschreitungen beim Streit um das scheinbar rare Gut Toilettenpapier. Und das, obwohl von offizieller Seite erklärt wurde, es gäbe keine Probleme in der Lieferkette. Wie kann man dieses irrationale Verhalten erklären?

Gefühl von Unsicherheit

Der Sozialpsychologe Arnd Florack von der Uni Wien erklärt das Hamstern von Vorräten mit der Unsicherheit, die durch die Ausbreitung des Coronavirus hervorgerufen wurde. Die extremen Veränderungen des Alltags, die viele in Österreich betreffen, kamen ja ohne Vorlaufzeit. „Die Menschen haben ein Gefühl von Unsicherheit erlebt, das durch zwei Aspekte getrieben wird: Mangelndes Wissen darüber, wie es weiter geht, und Angst um die eigene Gesundheit“, so Florack.

Wir erinnern uns: Mitte März 2020 hieß es erstmals, es würde
in Österreich zu Ausgangsbeschränkungen kommen. Das Ausmaß war ungewiss. Zeigte man Symptome einer Erkrankung, sollte man jedenfalls das Haus nicht verlassen. Einige reagierten, indem sie kleinere Vorräte anlegten. Toilettenpapier, Nudeln, Mehl, Konservendosen. Die gekauften Mengen überstiegen die Planung des Einzelhandels, leere Supermarktregale waren das Ergebnis. Bilder davon verbreiteten sich und führten gemäß des Schneeballeffekts dazu, dass immer mehr Menschen immer mehr einkauften.

Lernen durch Imitation

Dabei war vielen durchaus bewusst, dass es in Österreich keinen wirklichen Mangel an Lebensmittel gab. Das Alltagswissen reichte allerdings einfach nicht aus, um die neue Situation vernünftig einschätzen zu können, was zu irrationalem Verhalten führte.

Das sei ganz normal, so der Psychologe Arnd Florack. In Zeiten der Unsicherheit suchen wir automatisch nach Anleitung, wobei uns andere Menschen als Vorbild dienen. „Wir nutzen andere ganz allgemein als Informationsquelle, wenn wir wissen wollen, was in einer Situation das übliche Verhalten ist“, erklärt der Experte.

Diese Imitation ist eine angeborene Verhaltensweise, anders als das Hamstern. Imitation ist auch einer der wichtigsten Lernmechanismen. Schon Babys lernen, indem sie andere nachmachen. Wissen wir nicht, was das „richtige“ Verhalten in einer Situation ist, schauen wir es uns einfach ab.

Hamstern, weil es die anderen tun

Nicht nur in Krisensituationen, sondern auch im Alltag orientieren wir uns am Verhalten anderer. Wenn andere FußgängerInnen eine Ampel bei Rot überqueren, ist es gut möglich, dass wir dasselbe tun, auch, wenn unser Hausverstand uns eigentlich etwas anderes sagt.

„Dies kann positive Effekte haben, weil wir vielleicht für eine Sache spenden, wenn wir hören, dass viele von unseren Bekannten gespendet haben“, erklärt der Sozialpsychologe Arnd Florack. „Es kann aber auch negative Effekte haben, weil Menschen vielleicht hören, dass viele andere nicht ganz ehrlich bei ihrer Steuererklärung sind.“

Das Hamstern von Vorräten angesichts einer Ausnahmesituation ist also etwas Instinktives und damit Verständliches. Trotzdem sollte man beim nächsten Wocheneinkauf auf den eigenen Hausverstand hören und nur so viel kaufen, wie man auch tatsächlich verbrauchen kann.

Univ.-Prof. Dr. Arnd Florack vom Institut für Psychologie der Uni Wien.
Foto: Barbara Mair.

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