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26. April 2022

Plastik im Körper

Von Schrödingers Katze
Natur & Umwelt
Jede Woche nehmen wir durchschnittlich 5g Plastikpartikel in unserem Körper auf. Elisabeth Gruber und Lukas Kenner von der Medizinischen Universität Wien haben die aktuelle Studienlage zu Mikro- und Nanoplastik analysiert.

Nahezu jede*r hat eine und wir benutzen sie oft: Die Rede ist von einer Kreditkarte. So eine Karte wiegt durchschnittlich 5g und genau diese 5g nehmen wir wöchentlich an Plastik in unserem Körper auf, wie Elisabeth Gruber und Lukas Kenner aktuell nachweisen konnten. Die beiden an der Medizinischen Universität Wien tätigen Forscher*innen haben in ihrer Übersichtsarbeit Studien zu Mikro- und Nanoplastikpartikel im Magendarmtrakt und deren Zusammenhang mit der Krebsentstehung untersucht und deren Ergebnisse zusammengefasst. „Im menschlichen Organismus wurden Plastikpartikel bis dato im Urin, Stuhl, Blut und in der Plazenta nachgewiesen“, so Elisabeth Gruber.

Gefahr von Plastik

Gruber: „Hinsichtlich Krebsentstehung gibt es Hinweise aus Zellkultur und Tierversuchen, dass es zu Entzündungsreaktionen im Gewebe kommen kann, die in die Krebsentstehung involviert sind. Zudem wurde eine Zerstörung des Mikrobioms nachgewiesen.“ Lukas Kenner ergänzt, dass es zur Fragestellung einer möglichen Gesundheitsgefährdung durch Mikro- und Nanoplastik leider noch keine eindeutigen Studien gibt. Er nennt Daten der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA), die zeigen, dass sich Partikel, die kleiner sind als 1.5 μm, im Körper verteilen können, diese müssen jedoch kleiner als 150 μm sein, um schließlich die Darmbarriere zu überwinden. „Wir vermuten aber, dass Mikroplastikpartikel v. a. dann im grossen Stil in den Körper gelangen, wenn die Barriere von erkranktem Gewebe – zum Beispiel nach Verletzungen und Entzündungen – gestört ist.  Zusätzlich können sich Stoffe entsprechend ihrer chemisch-physikalischen Oberflächeneigenschaften an Plastikpartikel anlagern wie z. B. polychlorierte Biphenyle (PCB) oder polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und mit den Plastikpartikeln in Wechselwirkung gehen, was natürlich eine zusätzliche Belastung im Falle der Aufnahme darstellt.“

Plastik im Alltag

Wer ist also von den gesundheitlichen Folgen durch die Aufnahme von Mikro- und Nanoplastik betroffen? Dazu Gruber: „Jede*r von uns, täglich.“ Denn die Partikel (Mikroplastik <0.1 µm, Nanoplastik 0.1 – 5000 µm) finde man im Trinkwasser und in Lebensmitteln, im Meersalz und in Meeresfrüchten, in synthetischer Kleidung und in Hygieneprodukten; zudem atmen wir Plastikpartikel ein, da sich diese in der Luft befinden, so die Expertin. Der Straßenverkehr spielt aber auch eine bedeutende Rolle: Lukas Kenner erwähnt eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik in Erlangen in der 2018 festgestellt wurde, dass in Deutschland rund 446.000 Tonnen Kunststoff in die Umwelt freigesetzt werden, davon alleine 330.000 Tonnen Mikroplastikpartikel. „Ein großer Anteil des Mikroplastik (ca. ein Drittel) besteht aus Abrieb von Autoreifen. Da die Belastung mit dem Grad der Exposition steigt, ist diese an vielbefahrenen Straßen am höchsten. Daher sind Personen im Straßenverkehr sehr hoch durch Mikroplastik belastet. Mikroplastik durch Reifenabrieb wird sowohl in der Luft als auch im Wasser und im Boden verteilt und kann auf verschiedenen Wegen in die Nahrungskette kommen“, führt Kenner weiters aus.

Maßnahmen

Informationen wie diese führen bei vielen Menschen zu Unsicherheit und der Frage, was man denn gegen Mikro- und Nanoplastik tun kann. Kenner nennt als zentrale Lösung unseren Umgang mit Kunststoffprodukten, Stichwort Recycling. Doch der Experte hat noch einige weitere Tipps: „

1. Konsum von Meeresfischen und Meeresfrüchten reduzieren.
2. Möglichst unverpackte Lebensmittel kaufen.
3. Kochgeschirr bzw. Utensilien aus Plastik vermeiden (besser wäre Holz, Glas, Emaille oder Edelstahl). 4. Kein Verpackungsmaterial für Nahrungsmittel aus Plastik verwenden.
5. Kleidungsstücke und Textilien aus reinen Naturfasern nutzen.
6. Keine Nahrungsaufnahme in der Nähe von stark befahrenen Strassen.
7. Jede Produktion von sekundärem Mikroplastik vermeiden.“
Elisabeth Gruber ergänzt, dass auch beim (Wieder-)Befüllen und Aufwärmen von Speisen und Getränken in Plastikverpackungen beachtet werden muss, dass sich hier viele Partikel lösen, die den Magen-Darmtrakt belasten können.

Forscherin Elisabeth Gruber
Elisabeth Gruber ist an der Medizinischen Universität Wien tätig © Medizinische Universität Wien/Matern
Forscher Lukas Kenner
Lukas Kenner ist an der Medizinischen Universität Wien tätig © Medizinische Universität Wien/Matern

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