Zeit, Material und Bauschutt sparen – das alles ermöglicht ein an der TU Graz entwickeltes Klett-Verbindungssystem für Gebäude. Klett-Verbindungen werden grundsätzlich in vielen Bereichen angewendet, sagt der Architekt Matthias Lang-Raudaschl: „Die Vielfalt an Produkten und Patenten mit dem Namen ‚Klettverbindung‘ ist sehr hoch. Eine Klettverbindung besteht aus zwei Verbindungspartnern, auch Klettkomponenten genannt, die sich aufgrund der geometrischen und materialspezifischen Eigenschaften und der hohen Anzahl an Verbindungselementen miteinander verbinden. Dies erfolgt durch ein Zusammenpressen der Komponenten/Verbindungspartner.“
Zwei Verbindungspartner
Bei dem entwickelten Klett-Verbindungssystem für Gebäude lag der Fokus auf der Verbindung vonBauteilen mit unterschiedlich langer Lebensdauer. Das System besteht aus zweiVerbindungspartnern, die bereitgestellt und miteinander verbunden werden. Es funktioniert nahezu wie ein Klettverschluss, nur in einer viel größeren Dimension. An den zu verbindenden Enden derBauteile befinden sich Pilzköpfe oder Haken, die sich auf der entgegengesetzten Seite in ein Klettelement verhaken, das eigens mittels 3D-Druck hergestellt wurde, und damit verbundenwerden.
Zwei Varianten
Dafür gibt es zwei Varianten, wie Matthias Lang-Raudaschl erklärt: „Es werden entweder industriell hergestellte Klettkomponenten aus Kunststoff auf Rohbauteile (wie Beton oder Holz) und auf dem zu montierenden Objekt/Fügemittel aufgebracht oder es werden Rohbauteile aus Holz oder Beton direkt als Klettkomponenten hergestellt. Auf dem zu montierenden Objekt wird eine größere Klettkomponente (aus Kunststoff oder zum Beispiel Stahlblech) aufgebracht.“ In beiden Fällen ist auf den Rohbauteilen eine größere Klettfläche herzustellen, auf welcher dann die Gegenstücke positioniert werden können. „Als zu montierende Objekte bestehen zum Beispiel Rohrschellen, Abhänger einer abgehängten Decke, oder das Stahlprofil einer nicht tragenden Innenwand. Für die Montage eines Rohres wird etwa die Rohrschelle mit einem Klettfügemittel verbunden, auf die Klettfläche an der Decke gepresst und anschließend das Rohr in der Rohrschelle befestigt“, führt der Forscher aus.
Für Innenräume
Aktuell ist das System vor allem für Innenräume konzipiert. Hier sind die unterschiedlichen Anforderungen – hinsichtlich UV-Beständigkeit, Windlasten und Brandschutz – deutlich geringer, so der Experte. „Es besteht jedoch Potential für eine Anwendung im Außenraum, insbesondere bei Klettbeton oder Klettholz. Beispielsweise für die Montage von Dämmungen oder von Fassadensystemen.“ Dazu benötigt es weitere Forschung.
Wiederverwendung von Bauteilen
Bauteile nochmals zu verwenden, stellt eine große Herausforderung dar, erklärt Matthias Lang-Raudaschl. „Einerseits erfolgt die Verbindung von Einzelteilen vor allem durch Kleben, Schäumen oder Schrauben – dies macht es unmöglich, Einzelteile herauszulösen; andererseits ist der sortenreine Rückbau sehr aufwendig für Handwerker*innen.“ Das neue System würde beide Aspekte lösen, ist sich der Experte sicher und ergänzt: „So ermöglicht die Klettverbindung ein sauberes Trennen von Bauteilen, was gleichzeitig, durch ein schräges Ziehen an den Verbindungsflächen (Abschälen) sehr einfach durchzuführen ist. Neben den rückgebauten Bauteilen wird auch die Lebensdauer des Gesamtgebäudes verlängert, indem es einfach an neue Anforderungen angepasst werden kann.“ Das Projekt ist laut dem Experten als Grundlagenforschung zu sehen, viele Fragen sind auch noch offen.
Ressourcen sparen
Das neue Klettsystem für Gebäudeteile spart somit Ressourcen durch die Wiederverwendbarkeit und Weiternutzung von Bauteilen und es ist einfacher auf- und abzubauen. Das Projekt ReCon wurde bereits beim vom Bildungs- und Klimaschutzministerium vergebenen Sustainability Award 2024 in der Kategorie Forschen mit Gold ausgezeichnet. Neben dem Klettsystem entwickelten die Forschenden zudem eine digitale Anwendung, die ebenso die Wiederverwendung von Bauteilen erleichtern soll. Dazu wurden einerseits RFID-Chips in Bauteile integriert, wodurch Informationen zur Zusammensetzung und dem Einbaudatum direkt vor Ort auslesbar sind. Andererseits wurde der Einsatz von QR-Codes – zumindest in der Theorie – ausprobiert. Diese werden auf das jeweilige Bauteil gedruckt und erhalten Informationen zu diesem.




