2024 gab es 37.117 Verkehrsunfälle in Österreich, 351 Personen kamen bei diesen ums Leben. Das ist zwar ein starker Rückgang im Vergleich zu 2023 (konkret sind letztes Jahr 51 Personen weniger im Straßenverkehr zu Tode gekommen als 2023), jedoch stieg die Zahl der Schwerverletzten deutlich. Auch die Anzahl der Verkehrstoten bei Drogenunfällen erreichte den höchsten Wert seit Beginn der Erhebungen (Quelle: Statistik Austria). Umso wichtiger ist es, dass sich Forscher*innen damit befassen, wie Fahrzeuge und der Straßenverkehr sicherer werden können.
17 % weniger Kollisionen an Kreuzungen
Genau dazu forscht Ernst Tomasch am Institut für Fahrzeugsicherheit der TU Graz. Im Rahmen einer aktuellen Studie konnte er zeigen, dass eine zusätzliche vorne am Auto angebrachte Bremsleuchte bis zu 17 % der Verkehrsunfälle an Kreuzungen verhindern hätte können. In bis zu einem Viertel der Fälle hätten die Leuchten zusätzlich für eine reduzierte Aufprallgeschwindigkeit gesorgt und damit Verletzungen abgemildert. Die Untersuchung, die er gemeinsam mit Bernhard Kirschbaum und Wolfgang Schubert vom Bonner Institut für Rechts- und Verkehrspsychologie (BIRVp) durchführte, wurde im Journal Vehicles publiziert. Bis dahin gab es zwar Forschungen über die Wahrnehmung einer vorderen Bremsleuchte und deren Effekt auf andere Verkehrsteilnehmer*innen, jedoch fehlten Untersuchungen dazu, wie sich so eine Bremsleuchte auf das Unfallgeschehen auswirken würde.
Analyse von Unfällen
Ernst Tomasch und seine Kollegen haben 200 Unfälle mit Pkws an österreichischen Straßenkreuzungen analysiert, die in der Central Database for In-Depth Accident Study (CEDATU) erfasst sind. „Zunächst wurden die Abläufe aller Unfälle im Detail rekonstruiert. Anschließend wurde das Geschehen erneut simuliert, unter der Annahme, dass die von nachrangigen Straßen kommenden Fahrzeuge mit einer vorderen Bremsleuchte ausgestattet waren. Wenn die vordere Bremsleuchte für die Verkehrsteilnehmer*innen auf der Vorrangstraße sichtbar war, wurde in der Simulation eine schnellere Reaktion angenommen, infolgedessen sich der Anhalteweg reduzierte. „Aus den Unterschieden zwischen realen Unfällen und Simulationen konnte der unfallpräventive Effekt bewertet werden“, erklärt Tomasch.
Vorteile der Bremsleuchte
Eine vordere Bremsleuchte würde grün (statt rot) leuchten und sich relativ leicht in das Fahrzeug integrieren lassen. Die Bremsleuchte könnte Unfallgegner*innen anzeigen, ob ein Fahrzeug abbremst bzw. ob ein stehendes Fahrzeug anfahren könnte, wenn dessen Bremslicht erlischt. Wichtig ist dies etwa an Kreuzungen, denn dort ist es oft besonders schwierig, das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer*innen abzuschätzen „Insbesondere, wenn diese entgegenkommen und die Absicht haben nach links abzubiegen und somit die eigene Fahrlinie zu kreuzen. Hier kann die Abbiege-Absicht erst sehr spät erkannt werden. Eine vordere Bremsleuchte würde derartige Situationen entschärfen“, betont Ernst Tomasch.
Bisher kein Einsatz
Aktuell gibt es keine Länder, in denen Fahrzeuge mit einer Bremsleuchte vorne ausgestattet werden, lediglich bei einem Feldversuch in der Slowakei wurden vordere Bremsleuchten getestet. Die Idee, diese Leuchten zu verwenden, gibt es jedoch bereits länger, auch Patente dazu existieren seit den 1920er Jahren. Ernst Tomasch: „Durchgesetzt hat sich diese Idee bis jetzt noch nicht, das Thema stand bisher wenig im Fokus. Erst in den letzten Jahren gab es dazu mehr Untersuchungen. Es laufen allerdings Gespräche mit Firmen hinsichtlich des kommerziellen Einsatzes einer vorderen Bremsleuchte.“
