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31. Januar 2017

Produktion der Zukunft

Von Schrödingers Katze
Gesellschaft
In der Industrie 4.0 kommunizieren Maschinen untereinander. Besonders in der Fertigung soll dies zu einem großen Anstieg der Produktivität führen, bedroht aber die menschliche Arbeit in Produktionsbetrieben. Stimmt das? Was erwartet uns? Schrödingers Katze hat beim Arbeitsforscher Clemens Zierler nachgefragt.

Was heißt Industrie 4.0?

„Die Industrie 4.0 hat für verschiedene Personen unterschiedliche Bedeutungen“, erzählt Zierler vom Institut für Arbeitsforschung und Arbeitspolitik an der Universität Linz. „Für die technikorientierte Gruppe um den deutschen Professor Wolfgang Wahlster, die diesen Begriff 2012 auf der Hannovermesse begründet hat, beschreibt Industrie 4.0 eine Idee, eine Theorie, wie in Zukunft Produktionsarbeit verrichtet werden soll.“ Die Idee dahinter ist eine Umlegung des Gedanken des Internet of Things auf produzierende Prozesse. Maschinen kommunizieren untereinander und erledigen so auch aufwendige Aufgaben schnell und effizient. „In der Realwirtschaft gibt es allerdings noch kein echtes Industrie-4.0-Unternehmen.“

Mit dem Namen Industrie 4.0 nimmt man Bezug zu den vorhergegangenen Revolutionen und gleichzeitig auf die in der Softwareproduktion üblichen Versionsbezeichnungen. Aber kann man wirklich von einer Revolution sprechen?

Was und wann war Industrie 1.0?

Die erste industrielle Revolution hat ihren Anfang in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und bestand in der Mechanisierung der Produktion durch Wasser- und Dampfkraft. Die zweite begann, je nach Sichtweise, Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Aufschwung der chemischen Industrie und der Elektrotechnik in Deutschland oder in den 1920er-Jahren mit dem Übergang zur Massenproduktion durch Fließbandarbeit in den USA. Die Mitte der 1970er-Jahre wird als technologischer Kern der digitalen Revolution gesehen.

Seitdem hat die Digitalisierung Einzug in fast alle Lebensbereiche genommen. Die Industrie 4.0 baut auf dieser Computerisierung auf und ergänzt sie durch die direkte Kommunikation und Kooperation zwischen Menschen, Maschinen, Anlagen und Logistik. So soll die Optimierung ganzer Wertschöpfungsketten möglich sein. Die technologische Grundlage ist allerdings immer noch die Mikroelektronik, daher wird die Industrie 4.0 teilweise auch als eine zweite Phase der Digitalisierung betrachtet.

Keine Angst vor Arbeitslosigkeit

Doch egal, ob man die Industrie 4.0 nun für eine eigene Revolution hält oder nicht, bringt die zunehmende Digitalisierung Veränderung für die Produktion. Die Unternehmensberatung Boston Consulting Group sagt starke Umsatzsteigerungen voraus, eine umstrittene Studie von zwei britischen Ökonomen spricht von vielen bedrohten Arbeitsplätzen. „Solche Aussagen von Beratungsfirmen muss man mit Vorsicht genießen“, so Zierler. „Genauso wie die der Firmen, die Automatisierung anbieten. Schließlich wollen sie ihre Produkte und Dienstleistungen verkaufen. Man sollte sich aber auch nicht zu sehr vor der Arbeitslosigkeit fürchten. Diese Angst teilen weder die Betriebe noch die Wissenschaft. Erinnert man sich an die erste oder zweite industrielle Revolution, war da bestimmt keine Massenarbeitslosigkeit. Im Gegenteil, es war eine Massenbeschäftigung, allerdings unter schlechten Bedingungen. Die Sorge, die man haben sollte, ist weniger um die Quantität der Arbeit, als um die Qualität.“

Welche Fähigkeiten werden künftig stärker gebraucht?

Sowohl Politiker als auch junge Menschen, die sich vor oder in der Ausbildung befinden, stellen sich diese Frage, aber leider sei die Antwort darauf alles andere als einfach, betont Zierler, denn jede Prognose kann daneben liegen.

Dennoch, gewisse Faktoren nennt der Forscher: Wichtig sei eine Bereitschaft zu lernen, insbesondere weil viele Arbeitnehmerinnen künftig nicht mehr nur einen Job haben würden. Anpassungsfähigkeit an neue Bedingungen, Kulturen und Unternehmen ist daher von Vorteil. „Auf der technischen Seite“ seien grundlegende Computerfähigkeiten, das Verständnis von Abläufen in einem Computer und Programmier-Basics empfehlenswert sowie eine umfassende Prozesskenntnis der Abläufe.

„Was vielmals vergessen wird“, ergänzt Zierler „ist soziale Kompetenz. Man könnte denken, dass sie weniger benötigt wird, wenn man mehr mit Maschinen zusammenarbeitet. Die Realität zeigt aber, dass in automatisierten Szenarien die soziale Komponente ausgeprägter wird, weil man gerade in der Industrie 4.0 mit Menschen zusammenarbeitet, die einen anderen Hintergrund haben und – technisch gesehen – eine andere Sprache sprechen“.

Woher weiß die Forschung, welche Arbeitswelt uns erwartet?

Am Institut für Arbeitsforschung und Arbeitspolitik der Johannes Kepler Universität Linz versucht man, die Arbeitswelt der Zukunft zu erforschen. „Es ist aus wissenschaftlicher Perspektive nicht ganz einfach, etwas zu erforschen, was es noch nicht gibt. Das ist auch die Krux der sogenannten Zukunftsforscher“, erzählt der Wissenschaftler, „wir sind aber keine Zukunftsforscher, sondern beobachten den permanenten Wandel der Arbeitswelt und leiten daraus mögliche Handlungsoptionen und deren Auswirkungen ab“.

Um diese Daten zu erhalten, werden bisherige Studien analysiert, Beobachtungen gemacht und Interviews geführt. Auf die Frage, wie die Arbeit in Zukunft aussehen wird, gibt Zierler eine klare Antwort: „Die Zukunft der Arbeit wird so sein, wie wir sie gestalten.“

Clemens Zierler leitet des Institut für Arbeitsforschung und Arbeitspolitik.

Autor: Christoph Adamek

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