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5. Juli 2020

Das gesprochene Wort

Von Schrödingers Katze
Kunst & Kultur
Poetry Slams und Spoken Word Performances erreichen viel mehr Menschen als gedruckte Lyrik. Woran liegt das?

Das gedruckte Wort hat es immer schwerer – das merkt vor allem der Lyrik-Buchmarkt. Gleichzeitig erreicht vorgetragene Poesie wie bei Poetry Slams und anderen Spoken Word Events nicht nur auf der Bühne, sondern auch auf YouTube Millionen Menschen. Doch interessiert sich die Forschung auch für Spoken Word?

Leere Stuhlreihen? Bei Poetry Slams eine Seltenheit.
Foto: Tuur Tisseghem / Pexels.

Forschungsprojekt „Poetry Off the Page“

Auf der Bühne vorgetragene Lyrik ist vergleichsweise wenig beforscht. Das habe zum Teil mit einem Kompetenzproblem auf Seiten der Forschung zu tun, meint die Anglistin Julia Lajta-Novak: „Während die Theaterwissenschaft sich kaum für Spoken Word interessiert hat – denn Lyrik ist ja bekanntermaßen eine Domäne der Literaturwissenschaft – fehlte der Literaturwissenschaft bislang das nötige Werkzeug, um sich Lyrik-Performances und ihrer Geschichte mediengerecht zu nähern.“

Daher forscht Lajta-Novak derzeit an der Uni Wien zu Poetry Slams und anderen Spoken Word Performance-Arten in Großbritannien. Ihr Projekt „Poetry Off the Page“ soll eine Art „alternative Geschichte“ der britischen Lyrik hervorbringen, die den Fokus vom gedruckten zum gesprochenen Wort verlagert. Zudem will sie auch die Lücke der nötigen Forschungsmethoden füllen. Das Projekt wurde mit dem START-Preis des Wissenschaftsfonds dotiert.

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Was passiert auf der Bühne?

Spoken Word zeichnet sich dadurch aus, dass nur selbstgeschrieben Texte von den Poet*innen auf der Bühne vorgetragen werden. Es gibt prinzipiell keine Regeln bezügliches Genres oder Textsorten, aber oft haben die Texte einen gewissen Rhythmus. Bei Poetry Slams treten Poet*innen gegeneinander an, das Publikum ist die Jury. Verboten sind hier neben Musik und (übermäßigem) Gesang auch Requisiten und Kostüme. Nur der Text darf auf einem Zettel, am Handy oder Tablet mitgenommen werden.

„Das Format des Slam an sich, das ja zeitlich streng begrenzt und vor allem vom Wettbewerbsgedanken geprägt ist, wurde vielen Dichter*innen bald zu eng – sie wollten ihre Performances außerhalb dieses Korsetts weiterentwickeln“, erzählt die Anglistin Lajta-Novak über die Slam-Szene. „Zum anderen fanden Dichter*innen, die aufgrund ihrer karibischen oder afrikanischen Wurzeln mit „oral traditions“ sozialisiert wurden durch die neue Spoken-Word-Bewegung mehr Gehör für Praktiken wie Dub Poetry, die in kleineren Kreisen bereits vor dem Aufstieg des Poetry Slam populär waren.“

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Raum für Diversität

Während Poetry Slams im deutschsprachigen Raum durchaus beliebt und bekannt sind, hat Spoken Word an sich hier noch nicht so richtig um sich gegriffen. Anders ist das in Großbritannien und den USA. „Eigene Agenturen, Sound Labels, Rezensionsorgane, Ausbildungen, regelmäßige Eventreihen und Festivals bilden eine umfassende Infrastruktur, auf die Dichter*innen und Publikum zugreifen können“, sagt Lajta-Novak. Spoken Word Performances bekommen auf YouTube Millionen Klicks. „Das sind Zahlen, von denen herkömmliche Lyrikverlage nur träumen können“, so Lajta-Novak.

Gleichzeitig macht sich ein interessanter Effekt bemerkbar: Dadurch, dass der Zugang zur Spoken-Word-Szene sehr niederschwellig ist (jede*r kann bei Open Mics oder Poetry Slams mitmachen), findet hier ein breiteres Spektrum an Dichter*innen Gehör. Besonders Black Poets und Women Poets würden von der Offenheit der Slam-Szene profitieren. „Obwohl Großbritannien vor allem durch seine Kolonialgeschichte von großer kultureller Vielfalt geprägt ist, ist die Verlagswelt immer noch vorwiegend männlich und weiß“, erklärt die Anglistin Lajta-Novak. „Das schlägt sich dann natürlich in der Art der Werke nieder, die ausgewählt und medial gepusht werden.“

Dr. Julia Lajta-Novak, MA vom Institut für Anglistik und Amerikanistik der Uni Wien.

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