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20. April 2016

Open Science: Die Daten sind da – wir müssen sie nur finden!

Von Schrödingers Katze
Faktencheck
Dass nicht jede wissenschaftliche Arbeit im Universum der Best Scientific Practice landet, bedeutet nicht, dass sie in der Ecke verstauben muss. Durch Open Science können Forschungsergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und Wissen verbreitet werden. Wir zeigen, wie’s geht!

Glück ist nicht das einzige Gut, das größer wird, wenn man es teilt, wissen die Initiatoren des Tages zur Befreiung verlorener Seminararbeiten längst. Auch Wissen wächst nämlich durch das Teilen – und eine Variante des Teilens von Wissen ist die Veröffentlichung. Während sogenannte Open Access Policies, also freie Zugänge zu wissenschaftlichen Papern, schon an den meisten hiesigen Unis installiert sind, finden studentische Arbeiten nur selten in die Weiten des Webs. Das will die Open Knowledge Plattform Austria OKFn nun mit einem Beitrag zur Open Science ändern.

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Im digitalen Zeitalter sollte auch Wissenschaft offen zugänglich sein (Bild: Daniel Lombraña González, CC SA-BY 2.0)

Veröffentlichung via Open Science – Beiträge zum verfügbaren Wissen der Menschheit

„Im Vordergrund von Open Science steht die maximale Nutzung des Innovationspotentials. Soll heißen: Wenn alle Zugang zu freiem Wissen haben, wird auch der Output maximiert,“ so Stefan Kasberger, Vorstandsmitglied der OKFn. Open Science ist weit mehr als eine Kampfansage an verstaubte Archive. „Es geht darum, Wissenschaft von der ersten Recherche bis zur finalen Publikation zu öffnen und so die Nachvollziehbarkeit und Effizienz wissenschaftlicher Arbeit zu erhöhen.“

Bis 2020, so die Empfehlung des Österreichischen Rats für Forschung und Technologieentwicklung, sollen alle öffentlichen Forschungsergebnisse frei im Internet zugänglich sein. Das soll nicht nur wissenschaftlichen Einrichtungen, sondern auch Medien, Bildungsinstitutionen und interessierten Privatpersonen zugutekommen. Wir haben mit zwei Studierenden gesprochen, die sich für die Veröffentlichung ihrer Arbeiten im frei zugänglichen digitalen Wissenspool entschieden haben.

Sonja und Chris, gebt uns einen kurzen Einblick in eure Arbeiten: Worum geht’s, in zwei Sätzen?

Sonja Fischbauer: Meine Diplomarbeit ist schon sechs Jahre alt, für eine Befreiung ist’s also höchste Zeit. Ich habe die Forschung erforscht – mich mit der Dokumentation archäologischer Funde im Bezirk Oberpullendorf im Burgenland beschäftigt, außerdem Häufigkeitslisten erstellt und daraus Muster generiert.

Christopher Kittel: In meiner Bachelorarbeit geht es um agentenbasierte Simulierung von landwirtschaftlichem und urbanem Wasserverbrauch. Ich habe ein Softwaremodell für verschiedene Adaptionsstrategien zu Wasserknappheit erstellt.

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Archäologische Funde des Bezirks Oberpullendorf sind mithilfe von Open Science bald auch digital verfügbar. (Bild: Sonja Fischbauer, CC by 4.0)

Das sind Themen, die auch für andere Studierende interessant sein könnten. Wo findet man eure Forschungserkenntnisse?

Chris: Interessant ist vor allem die Herangehensweise. Ich habe mich sehr lange mit praktischen Fragen zum Aufbau meiner Arbeit auseinandergesetzt, etwa wie Geo-Daten geladen werden können und wie ich Zeitreihen einbaue. Erfahrungswerte anderer Studierender hätten mir da sehr geholfen. Aufzufinden sind meine Software-Codes, die Daten, die nötig sind, um das Modell ablaufen zu lassen, aber auch der Volltext auf GitHub.

Sonja: Ich bin gerade erst dabei, meine Arbeit für das Online-Repository aufzubereiten. Im E-Theses-Archiv der Uni Wien kann meine Diplomarbeit bereits heruntergeladen werden, bald erscheint sie hoffentlich auch im Österreichischen Open Data Portal.

Was wünscht ihr euch für die Zukunft eurer befreiten Babies?

Sonja: Andere Studierende könnten auf meinem digitalen Fundkatalog aufbauen. Da muss ja nicht noch einmal jemand alle Archivmappen durchackern und handgeschriebene Zettel abtippen. Open Science hat sehr viel mit Effizienz zu tun. Wenn wir alle das Rad neu erfinden, werden Jetpacks immer Zukunftsvision bleiben (A. d. R.: Jetpacks sind Raketenrucksäcke, die Menschen fliegen lassen).

Chris: Im besten Falle wird mein Software-Modell erweitert, umgebaut oder mit aktuellen Daten gefüttert. Durch den Open Access-Zugang der Uni Graz konnte ich z.B. Statistiken aus Spanien nutzen. Den Wasserverbrauch anderer Regionen mit einzubeziehen, wäre da natürlich spannend. Ich erhoffe mir von Open Science, künftig schneller lernen zu können, auch aus den Fehlern anderer. Es ist daher wichtig, nicht nur die Ergebnisse, sondern auch den eigenen Forschungsprozess zu dokumentieren und negative Outputs zu veröffentlichen.

Dank Open Science können Chris’ Modellierungen auch anderen Wissenschaftern helfen. Im Bild: das Einzugsgebiet des Ebro in Spanien, samt Bewässerungswirtschaft in grün. (Bild: Christopher Knittel, CC by 4.0)
Dank Open Science können Chris’ Modellierungen auch anderen Wissenschaftern helfen. Im Bild: das Einzugsgebiet des Ebro in Spanien, samt Bewässerungswirtschaft in grün. (Bild: Christopher Knittel, CC by 4.0)

Muss man denn Informatikkenntnisse aufweisen, um die eigenen Arbeiten online zu bringen?

Chris: Es gibt verschiedene Plattformen wie GitHub oder Zenodo, die relativ leicht innerhalb des eigenen Browsers bedient werden können und die Nutzerschaft Schritt für Schritt durch den Veröffentlichungsprozess führen. Dazu muss man nicht sehr informatikaffin sein. Viel wichtiger ist, auf sauberes Arbeiten im Sinne von Bildrechten und Zitationen zu achten – aber das sollte eigentlich unabhängig von Open Science passieren.

Wissen teilen ist ja schön und gut. Nur, wie stellt man sicher, dass die eigenen Forschungserkenntnisse nicht geklaut werden?

Sonja: Dafür gibt es ja schließlich die Creative Commons-Lizenzen. Für meine Arbeit werde ich wohl die Lizenz CC-BY wählen. Damit dürfen dann andere meine Arbeit teilen, weiterverwenden und darauf aufbauen. Einzige Bedingung: Ich muss als Urheberin erscheinen. Der Gewinn für mich entsteht allein durch die Nennung meiner Person: So werde ich in der Scientific Community bekannt. Wenn die eigene Arbeit in der Bibliothek versandet, kann sie zwar nicht geklaut werden, bringt aber auch mit Sicherheit niemandem was.

Wie könnten Unis künftig von Open Science profitieren?

Chris: Jede Menge spannende Forschung passiert abseits von Hochglanz- und High-Impact-Journalen. Open Science kann helfen, diese Arbeiten sichtbarer zu machen, mögliche Forschungspartner mit ins Boot zu holen und Daten und Werkzeuge auszutauschen. Die nächsten institutionalen Entwicklungsschritte werden vermutlich im Bereich offener Forschungsdaten stattfinden.

Sonja Fischbauer arbeitet selbstständig im Bereich digitale Kommunikation. Sie studierte Archäologie an der Universität Wien und engagiert sich bei Open Knowledge Austria.

Christopher Kittel studiert Umweltsystemwissenschaften mit Schwerpunkt Volkswirtschaft an der Karl-Franzens Universität Graz.

(Bild: Stefan Kasberger, CC by 4.0)

Das Skriptum zum „Tag der Befreiung verlorener Seminararbeiten“ findest du übrigens hier. Wir haben einen kurzen Guide daraus zusammengestellt:

Guide: In 5 Schritten zur Veröffentlichung deiner wissenschaftlichen Erkenntnisse!

Im Rahmen der Open Science Lecture Series veranstaltet Open Knowledge Austria in Kooperation mit WTZ OST, openscienceASAP und der Universität Wien unterschiedlichste Workshops zum Thema Open Science. Weitere Infos gibt’s auf dem OKFN-AT Blog.

Autor: Theresa Girardi

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