Innsbruck ist eine der am dichtesten besiedelten Städten Österreichs. Dort haben sich Architekten zusammengetan, um ein Experiment zu wagen: Wohnen auf Kubik- statt auf Quadratmetern. Das Ergebnis ist knallrot und außerdem umweltfreundlich.
Kubik- statt Quadratmeter
Der Gartenzwerg ist ein Bauprojekt von Verena Rauch und Walter Prenner von der Uni Innsbruck. Sie gehören dem Architekturbüro Columbus Next an, das sich unter anderem mit experimenteller Architektur beschäftigt. Der Gartenzwerg gliedert sich ein in viele Experimente seiner Art, die unter den Begriffen Microstructures und Tiny Houses bekannt geworden sind.
„Bei den Tiny Houses ist das Raumvolumen anders gegliedert”, erklärt Verena Rauch. „Man kann sich überlegen, was könnte ich weglassen, was anders am Morgen nutzen als am Abend.” Wie soll man auf so wenig Platz eine ganze Wohnung unterkriegen? Die Lösung liegt in der geschickten Aufteilung. Meist gibt es eine zweite Ebene, auf der sich das Bett befindet, die mit einer Leiter oder Stufen erreichbar ist.
Möglichst günstig bauen
Darunter befindet sich ein Wohnraum, in dem auch die Küche Platz findet. Das Bad ist oft separat. Im Falle des Gartenzwerges gibt es eine Komposttoilette und zum Waschen wird Regenwasser verwendet. Durch die Solarzellen ist das Häuschen komplett autark. Es braucht weder eine Anbindung an das Stromnetz noch an die Kanalisation. Zum Heizen wird ein kleiner Ofen verwendet, der das Haus trotz der fehlenden Isolierung schnell aufheizt.
Die Wände vom Gartenzwerg bestehen nämlich aus Brettsperrholz, das mit knallroten LKW-Planen überzogen wurde. Das war Teil des Versuchs der Architekten, möglichst kostengünstig zu arbeiten. Rauch über die Überlegung dahinter: „Welche Schichten kann man weglassen bei einem Edelrohbau, wie kann man Ressourcen in der Umsetzung bündeln, was kann man alles selbst bauen?”
Individueller Leben
Solche experimentellen „Edelrohbauten” könnten ein Lösungsansatz für das Platzproblem sein, mit dem viele Städte zu kämpfen haben. „Wir wohnen alle in diesen 2,5 Meter hohen Räumen, es gibt viel Potential, wenn man vom Quadratmeter-Denken in ein Kubikmeter-Denken übergeht”, meint Rauch. „Wir sind das total gewöhnt, weil so wird es vorgelebt. Darum sind solche Prototypen und Versuchsbauten wichtig, damit man Wohnen auch anders erfahren und leben kann.”
Dadurch, dass Experimentalbauten keinen vorgegebenen Strukturen folgen, lassen sie auch viel mehr Individualität zu. Manche Menschen leben lieber in hohen Räumen, manche möchten eine eindimensionale Wohnung. „Man kann das so als dreidimensionalen Setzkasten sehen, in dem sich jeder in seinem eigenen Sein finden kann”, meint Rauch.
Tiny Houses gegen das Platzproblem?
Günstig wohnen mit viel Volumen klingt nach einem kleinen Traum. Doch selbst dafür gibt es in Innsbruck kaum geeignete Grundstücke. „Eine Platz dafür zu finden ist hier quasi unmöglich”, sagt Rauch über Innsbruck. „Wir haben uns viel angeschaut, auch Dächer von bestehenden Strukturen, wie Lebensmittelmärkte oder Verkehrsinseln und sogenannte unbebaubare Grundstücke.”
Ein anderes Problem sei, für den Bau eine Genehmigung zu bekommen. Wenige Bauherren ließen sich nämlich auf so ein Experiment ein. „Der Markt ist brutal”, meint Rauch. Und sich bei derart hohen Preisen auf Wohnexperimente einlassen, wollen die wenigsten.
Der Trend der Tiny Houses ist vor allem aus den USA bekannt, auch in Deutschland hat er schon lange Fuß gefasst. Zwar gibt es in Österreich bis jetzt ein paar Experimente dieser Art. So minimalistisch wie die Architekten von Columbus Next zu bauen, trauen sich noch nicht viele. Zu sehr sind wir dicke Wände und die klassische Raumaufteilung gewöhnt. „Jeder will das sicher nicht”, schließt Rauch. “Aber wir sind einfach der Meinung, man muss es einmal bauen, damit man es überhaupt sieht und erproben kann, daher der Selbstversuch.”