Die Akademie der bildenden Künste Wien nahm ihren 325. Geburtstag zu Anlass, sich porträtieren zu lassen. Amina Handke gewann bei dem ausgeschriebenen Wettbewerb die Aufgabe, 52 Kurzvideos zu produzieren. Sie zeigen die Akademie von vielen unterschiedlichen Seiten. Sei es experimentelle Kunst, in Stimmen von Studierenden oder dem Auswahlverfahren, dem sich Studienanfänger stellen.
Handke hat selbst auf der Akademie studiert und ist unter anderem als Cross-Media-Künstlerin tätig. Schrödingers Katze hat sie erzählt, wie es ist, 52 Videos über ihre alte Uni zu produzieren.
Schrödingers Katze: Gab es einen Plan oder Drehbücher für alle 52 Videos?
Amina Handke: Für den Wettbewerb habe ich ein Gesamtkonzept verfasst. Die einzelnen Episoden waren in der Vorbereitung und Konzeption sehr unterschiedlich: Zunächst musste ich ausführlich recherchieren und mit sehr vielen Leuten im Akademie-Umfeld Kontakt aufnehmen und Vorgespräche führen, bzw. mein Grundkonzept erst einmal erläutern. Es gab auch viele Gespräche, die zu nichts geführt haben. Für manche Videos waren die Vorbereitungen sehr langwierig, weil ich die Mitwirkenden – im Ergebnis sind es weit über 50 Personen – so gut wie möglich einbinden wollte.
Das hieß dann nicht nur zu besprechen, was wir überhaupt machen wollen, sondern auch die Location auszusuchen und zu organisieren, Termine, Rechtefragen zu klären, Einwilligungen einzuholen, Material zu sichten und in der richtigen Qualität zu organisieren, Musik oder Ausstattung auszuwählen und vieles mehr.
Der Aufwand ist vergleichbar mit einer Spielfilmproduktion, mit dem Unterschied, dass ich mich um fast alles selbst gekümmert habe. Manchmal haben wir auch sehr spontan auf eine Idee improvisiert, weil die Produktionszeiten extrem knapp waren: Es musste ja jede Woche ein neues Video veröffentlicht werden. Oder ich habe mir in der Postproduktion erst überlegt, wie ein Video gestaltet wird oder welchen Titel es haben soll.
Haben die Videos eher den wissenschaftlichen Anspruch einer Dokumentation oder sollen sie vor allem Kunst sein?
Ich denke, Kunst hat die Möglichkeit, Fragen zu stellen und sie dann offen zu lassen. Oder offene oder fehlende Stellen zu thematisieren. Insofern schien mir eine künstlerische Form die passende für die Darstellung einer Kunstinstitution in Momentaufnahmen zu sein, auch wenn ich oft Mittel der Oral History, Zeitzeugen- und Zeitzeuginnenaussagen oder dokumentarisches Material verwendet habe, um ein möglichst vielfältiges Bild der Akademie zu zeigen. Aus meiner Sicht gibt es aber auch einige Parallelen zu wissenschaftlicher Arbeit: Die Recherche zum Beispiel oder die Glossarform zu Begriffen aus dem institutionellen Umfeld.
Wie viel Freiheit haben Sie den Darstellern und Darstellerinnen gelassen, zum Beispiel im Video “Mittelbau”?
In diesem Fall hatte ich die Idee schon und das Glück, dass die Tochter einer Lehrbeauftragten und ihre Freundin Lust hatten, mitzumachen. In fast allen Fällen habe ich mehrere Ideenansätze vorgeschlagen und gemeinsam mit den Beteiligten so weiterentwickelt, wie es möglichst ihrer eigenen Persönlichkeit und Arbeit entspricht. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zur Arbeit mit gelernten Filmschauspielern und Filmschauspielerinnen.
Haben Sie auch versucht, ihre eigene Zeit an der Akademie in das Projekt einfließen zu lassen?
Meine eigene Erfahrung mit Studium und Lehre war ein großer Vorteil! Allein in der Kommunikation und um passende Ideen vorschlagen zu können – für eine außenstehende Person stelle ich es mir sehr schwer bis unmöglich vor, sich ohne Vorbereitungszeit in die Mechanismen einer so komplexen Institution hineinzufinden…
Was hat Sie bei der Produktion überrascht?
Dass mir große Freiheit gelassen wurde. Und dass sich zeitlich alles ohne Nervenzusammenbruch ausgegangen ist, wenn auch knapp.
Alle 52 Videos gibt es hier zum Ansehen.