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Ärzte und Ärztinnen bei einer Operation im OP-Saal.
4. Juli 2023

Erhöhtes Suizidrisiko für Frauen in Gesundheitsberufen

Von Schrödingers Katze
Psyche
Im Gesundheitsbereich tätige Frauen haben ein besonders hohes Suizidrisiko. Spezifische Präventionsmaßnahmen könnten helfen.

In einer Studie wurde erstmals das Suizidrisiko von Personen, die verschiedene Gesundheitsberufe ausüben, untersucht, und dieses mit Angehörigen anderer hochqualifizierter Berufe sowie mit der Allgemeinbevölkerung verglichen. „Hochqualifizierte Berufsgruppen haben tendenziell ein niedrigeres Suizidrisiko, da sie typischerweise einen höheren sozioökonomischen Status und eine gute Ausbildung haben – das senkt statistisch gesehen das Suizidrisiko“, erklärt Zimmermann. Dennoch gibt es spezielle Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit eines Suizids erhöhen: So stellten Claudia Zimmermann und ihr Team fest, dass bei den von ihnen untersuchten Berufsgruppen vor allem Tierärzt*innen besonders gefährdet sind: „Ihr Suizidrisiko ist mehr als doppelt so hoch wie das der Allgemeinbevölkerung.“ Bei all den anderen Berufsgruppen zeigte sich jedoch nur bei den Frauen in den Gesundheitsberufen ein erhöhtes Risiko (im Vergleich mit Frauen der Allgemeinbevölkerung). Das Suizidrisiko ist unter männlichen Ärzten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern sogar niedriger als in der Allgemeinbevölkerung. Insgesamt wurden sieben hochqualifizierte Berufsgruppen untersucht. Darunter vier Gesundheitsberufe (Ärzt*innen, Zahnärzt*innen, Tierärzt*innen sowie Apotheker*innen) und drei weitere Berufsgruppen (Rechtsanwält*innen, Notar*innen sowie Steuerberater*innen/Wirtschaftsprüfer*innen).

Auf der Suche nach Daten

Claudia Zimmermann vom Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien leitete die Untersuchung und erklärt, wie sie und ihr Team an die Daten gelangten: „Diese Analyse war nur in enger Kooperation mit den Kammern der freien Berufe möglich, die uns (unter Einhaltung von strengen Auflagen zum Datenschutz) die notwendigen Daten ihrer verstorbenen Mitglieder zur Verfügung gestellt haben.“ Diese Daten wurden schließlich mit der Todesursachenstatistik der Statistik Austria verglichen, um herauszufinden, wie viele Suizide es in diesen Berufsgruppen gab. „Zusammen mit zusätzlichen Daten zur Anzahl der Mitglieder sowie deren Alters- und Geschlechtsverteilung konnten wir dann geschlechtsspezifische Suizidraten für die Berufsgruppen ausrechnen.“

Gründe für das erhöhte Suizidrisiko

In der österreichischen Allgemeinbevölkerung sterben mehr als dreimal so viele Männer an Suizid wie Frauen. Die Frage, warum nun gerade Frauen in Gesundheitsberufen häufiger Suizid begehen als andere Frauen ist wesentlich – und die Antworten darauf sind vielschichtig: „Ein sehr wahrscheinlicher Grund ist die häufigere Anwendung von Vergiftung als Suizidmethode bei Frauen“, so Zimmermann. Frauen der Allgemeinbevölkerung haben nur beschränkten Zugang zu den entsprechenden Mitteln und meist fehlt ihnen auch das Fachwissen beim Umgang mit starken Medikamenten – bei Frauen in Gesundheitsberufen ist das anders. „Ein Suizidversuch durch Vergiftung endet dann häufig tödlich.“ Claudia Zimmermann nennt zudem weitere Risikofaktoren: Frauen in Gesundheitsberufen haben meist nicht nur mit anstrengenden Arbeitsbedingungen zu kämpfen, sondern müssen sich teilweise in männlich dominierten Disziplinen beweisen und viele haben ebenso eine Mehrfachbelastung im Privatleben. 

Nötige Maßnahmen

Die Expertin kann jedoch auch einen positiven Trend erkennen: „Erfreulicherweise gibt es jedoch Anzeichen, dass dieses erhöhte Suizidrisiko für Frauen in Gesundheitsberufen abnimmt. Wir konnten bspw. für Ärztinnen zeigen, dass das Suizidrisiko vor drei Jahrzehnten noch stärker erhöht war als im letzten Jahrzehnt. Es geht also in die richtige Richtung, auch wenn das Suizidrisiko immer noch erhöht ist.“

Claudia Zimmermann nennt auch Maßnahmen, um das Suizidrisiko für Frauen in Gesundheitsberufen zu senken: „Vieles spricht für Restriktionen beim Zugang zu hochwirksamen Medikamenten und strengere Regeln für die Verteilung und Aufbewahrung dieser Substanzen. Der Griff zu dieser Suizidmethode sollte möglichst erschwert werden, schon das Wegsperren erhöht die Hemmschwelle.“ Zudem braucht es niederschwellige Angebote zur Unterstützung in Krisen und bei der Bewältigung von psychischen Belastungen sowie die Aufklärung der betroffenen Berufsgruppen über diese speziellen Risiken sowie Prävention. Claudia Zimmermann betont: „Suizidalität sollte kein Tabuthema sein – dann werden Hilfsangebote auch leichter in Anspruch genommen.“

Hilfe für Betroffene:
Kriseninterventionszentrum: 01 406 95 95 
Sozialpsychiatrischer Notdienst: 01 31 330 (täglich von 0 bis 24 Uhr)
Psychotherapie Helpline – Wiener Landesverband für Psychotherapie: 0720 12 00 12 (täglich von 8 bis 22 Uhr)
Helpline vom Berufsverband Österreichischer PsychologInnen: 01 504 8000 (Montag bis Donnerstag von 9 bis 13 Uhr)
Ö3 Kummernummer: 116 123 (Montag bis Sonntag von 16 bis 24 Uhr)
Telefonseelsorge Wien: 142 (täglich von 0 bis 24 Uhr) oder Online-Beratung

Forscherin Claudia Zimmermann
Claudia Zimmermann forscht am Zentrum für Public Health © MedUni Wien, Abteilung für Epidemiologie

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