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Chemischer Wärmespeicher.
27. Juli 2022

Im Sommer speichern, im Winter heizen

Von Schrödingers Katze
Naturwissenschaft
Franz Winter von der TU Wien hat einen Wärmespeicher erfunden, der es ermöglicht, Energie chemisch zu speichern und monatelang ohne Verluste zu lagern. Damit könnte zukünftig Energie im Sommer gespeichert und später im Winter zum Heizen verwendet werden.

Die Energiekrise bewegt aktuell – vor allem mit Blick auf den kommenden Herbst und Winter – Politik und Gesellschaft. Am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften der TU Wien ist Franz Winter nun mit seinem Team eine Erfindung mit großem Potenzial gelungen: Winter und seine Kolleg*innen haben einen chemischen Wärmespeicher konzipiert, mit dem große Energiemengen gespeichert werden können – und das auch noch umweltfreundlich. Bei der Methode wird Wärme verwendet, um eine chemische Reaktion auszulösen. Dabei entstehen energiereiche chemische Verbindungen. Bei Bedarf lässt sich die chemische Reaktion umkehren – und somit wird Energie freigesetzt, wenn man sie benötigt. Das Prinzip besteht also in der Umwandlung von Wärmeenergie in chemische Energie und wieder zurück.

Thermo-chemischer Wärmespeicher

Franz Winter erläutert den Prozess folgendermaßen: „Bei industriellen Prozessen geht viel Abwärme besonders im niederen Temperaturbereich von ca. 70° bis 200°C verloren. Diese Wärmemengen wären aber ideal zum Heizen und zur Warmwasser-Produktion. Mit der thermochemischen Wärmespeicherung kann man diese Abwärmen nützen. Dabei wird ein Stoff (bei uns die Borsäure oder ein Salzhydrat) mit der Abwärme in einen aktiven Stoff (Boroxid oder Salzanhydrat) umgewandelt und Wasser abgespalten. Dieser aktive Stoff gibt, wenn man ihn mit Wasser wieder zusammenfügt, die Wärme frei, die Borsäure oder das Salzhydrat wird wieder gebildet und der Kreislauf geschlossen.“

Die ölige Suspension kommt in einen Reaktor, dessen Wand auf eine Temperatur zwischen 70°C und 200°C aufgeheizt wird. Viele Prozesse in der Industrie finden in diesem Temperaturbereich statt. Durch die Hitze kommt es zu einer chemischen Reaktion und es wird Wasser freigesetzt. Diese ölige Boroxid-Suspension kann schließlich in Tanks gelagert und wiederverwendet werden. Im Labor konnte Franz Winter und sein Team zeigen, dass viele Auf- und Entladungsvorgänge mittels dieser Methode möglich sind.

Viele Arten, Energie zu speichern, haben auch Nachteile: So ist etwa die Kapazität von Batterien begrenzt und Wasserstoff, der mittels elektrischem Strom hergestellt wird, kann langfristig nur schwer gelagert werden. 

Vorteile des Wärmespeichers

Die an der TU Wien erfundene Methode hat also einige Vorteile: Sie ist umweltfreundlich, eignet sich zur unbegrenzten Speicherung und ist ideal zur Nutzung der Abwärme in Industrieanlagen. Die Methode bietet laut Winter zudem den Vorteil, dass die Stoffe wiederverwendet werden können. „Der große Vorteil ist die Rückwandlung der Stoffe mit der Abwärme und das Schließen des Kreislaufs“, führt Winter weiters aus. Für den Prozess wird Borsäure, die mit Öl gemischt wird, verwendet. Auf die Frage, ob der Einsatz von Borsäure, die dann in Boroxid umgewandelt wird, in irgendeiner Weise bedenklich für Mensch und Umwelt ist, antwortet Franz Winter: „Diese Stoffe wie Borsäure und Salzhydrate werden in einem geschlossenen Kreislauf geführt und sind in der Regel minder giftig. Die genaue Einstufungen der Stoffe sind in der Europäischen Datenbank der ECHA (European Chemicals Agency) zu entnehmen.“

Sowohl die chemische Reaktion als auch der dafür entwickelte Suspensionsreaktor wurden bereits patentiert. Aktuell will Franz Winter – gemeinsam mit Industriepartner*innen – an der Technologie weiterforschen. Dabei haben sie große Pläne: „Unser Ansatz ist ein umfassender. Wir sehen den Einsatz der thermochemischen Wärmespeicherung sowohl bei großen Industrieanlagen als auch in Anwendungen im Gebäudebereich. Auch die Sonnenwärme im Sommer könnte dadurch ideal im Winter verfügbar gemacht werden.“

Franz Winter im Labor.
Franz Winter im Labor © TU Wien

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