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Katze, die aus dem Gebüsch schaut
7. März 2022

Warum Katzengehirne schrumpften

Von Schrödingers Katze
Natur & Umwelt
Die Gehirne von Katzen sind durch deren Domestikation kleiner geworden, das zeigt eine aktuelle Studie von Raffaela Lesch (Veterinärmedizinische Universität Wien) und ihren Kolleg*innen.

1.537.850 Katzen leben in Österreichs Haushalten, damit zählen sie – neben Hunden – zu den beliebtesten Haustieren der Österreicher*innen. Dabei begleiten Katzen den Menschen schon sehr lange: Archäologische Funde auf Zypern zeigten, dass sie seit ca. 9500 Jahren an unserer Seite sind. Sie kamen durch Bauern, Seeleute und Wikinger aus dem alten Eurasien und Afrika zu uns. Wie die Domestikation die Katzen verändert hat, zeigt eine aktuelle Studie, an der u. a. Raffaela Lesch (Veterinärmedizinische Universität Wien) gearbeitet hat. Gemeinsam mit Kurt Kotrschal und W. Tecumseh Fitch (Department für Verhaltens- und Kognitionsbiologie, Universität Wien), Georg Hantke und Andrew C. Kitchener (National Museums Scotland) konnte sie beweisen, dass das Gehirnvolumen von Hauskatzen abgenommen hat. Bereits eine 1972 durchgeführte Studie kam zu diesem Ergebnis, nun galt es dies abermals zu überprüfen.

Gehirne der Katzen: Drei Thesen

Dabei nennt Lesch drei Hypothesen dafür, warum das Gehirn der Katze kleiner geworden sind: Die erste, die Neuralleistenzellen-Hypothese, besagt, dass die Selektion für zahme und freundliche Tiere die Teilung und Migration der Neuralleistenzellen reduziert hat und diese Reduktion wiederum zu einer Abnahme an Gehirnvolumen geführt hat, da diese Zellen in Verbindung mit der Bildung des Schädels stehen. Die zweite Hyppothese ist die „expensive tissue“ Hypothese: „Hier wäre der Gedanke, dass die Abnahme des Gehirnvolumens das Resultat eines trade-offs zwischen Organsystemen ist. Gehirne sind im Energiehaushalt teuer und eine Anpassung an das Leben mit Menschen (und deren Nahrung) könnte dazu geführt haben, dass Katzen auch ihre Verdauung (Darm) anpassen mussten. Da auch der Darm ein energetisch teures Organ ist, könnte es zu einer Reduktion des Gehirnvolumens gekommen sein weil mehr Energie in den Darm investiert werden musste. Also ein direkter trade-off zwischen Hirn- und Darmgröße (kleineres Gehirn und längerer Darm).“ Die dritte Hypothese, die „thyroid hormone“ Hypothese, beruht auf der Idee, dass die Domestikation das Timing der Schilddrüsenhormone beeinflusst hat und dies wiederum die Konzentration dieser Hormone während der Embryonalentwicklung verändert hat. Die Schilddrüsenhormone sind nämlich für die Entwicklung von Gesichts- und Schädelknochen verantwortlich.

Foto eines Katzenschädels
Die Wissenschafter*innen vermaßen Gehirnvolumen und Schnauzenlänge von über 100 Katzenschädeln aus der Sammlung der National Museums Scotland © National Museums Scotland 

Weitere Forschung nötig

Obwohl das Gehirn einer Katze sicher geschrumpft ist, konnte sich eine weitere These nicht bestätigen, nämlich die, dass ebenso die Schnauzen von heutigen Katzen kürzer sind: „Da die Neuralleistenzellen auch die Vorläufer des Gesichtsschädels bilden (und somit auch für die Katzenschnauze relevant sind) haben wir neben der Abnahme der Gehirnvolumens auch prognostiziert, dass es im Domestikationsprozess der Katze zu einer Reduktion der Schnauzenlänge kam. Das hat sich aber nicht bestätigt“, so Lesch weiters. Dieser Umstand wirft weitere Fragen in Bezug auf die Neuralleistenzellen-Hypothese auf: „ Ist die Hypothese stimmig, trifft bei Katzen aber eventuell wegen der bereits kurzen Schnauzen nicht zu? Oder sind andere Mechanismen für diese Veränderungen zuständig?“

Hinsichtlich der Domestikation von Katzen (und anderen Haustieren) gibt es laut Raffaela Lesch noch einiges zu erforschen: „Eine Frage die ich zum Beispiel unendlich spannend finde: Welchen Einfluss hat die Domestikation auf Stimme und Kehlkopf (stimmgebendes Organ) von Haustieren?“ Als Beispiel für diese Frage nennt Lesch den Hund: Hunde bellen viel, Wölfe wiederum wenig – hängt dies mit dem Kehlkopf zusammen? 

Hauskatzen seien aufgrund ihres geschrumpften Gehirns übrigens nicht weniger intelligent, dafür brauche es andere Studien, so Raffaela Lesch abschließend. Katzen beschäftigen wohl künftig nicht nur unseren Alltag und Memes, sondern auch weiterhin die Wissenschaft.

Forscherin Raffaela Lesch
Raffaela Lesch forscht an der Veterinärmedizinischen Universität Wien unter anderem zur Domestizierung von Tieren © Raffaela Lesch

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