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28. Februar 2018

Parfums sind die neuen Abgase

Von Schrödingers Katze
Natur & Umwelt
Forscher haben das Geruchsprofil von Innsbruck ermittelt. Die Stadt riecht neben den Abgasen von Autos auch immer mehr nach Parfum. Damit entspricht Innsbruck dem internationalen Trend.

Geruchsstoffe bestehen aus sogenannten flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs). Manche von ihnen schaden der Umwelt, andere können sogar krebserregend wirken. Neue Studienergebnisse legen nah, dass wir solche Verbindungen, die aus Körperpflegeprodukten stammen, bis jetzt stark unterschätzt haben.

Bei der Kaffeeröstung entstehen viele VOCs, die wir zwar riechen, Maschinen aber nicht.

Was riechen wir da?

Flüchtige organische Verbindungen, oder auch VOCs (Volatile Organic Compounds) genannt, sind das, was wir als Geruch wahrnehmen. Sie stecken in Parfum, Kaffee und auch in weniger angenehm riechenden Dingen wie Frittierfett oder Pestiziden. „Salopp formuliert sind VOCs alle kohlenstoffhaltigen Gase außer Kohlenstoffdioxid, Methan, anorganischen Gasen und Kohlenstoffmonoxid”, sagt Thomas Karl von der Uni Innsbruck.

Karl hat mit anderen Wissenschaftlern der Uni Innsbruck gemessen, wie die Stadt Innsbruck so riecht. Das funktioniert mit sogenannten Massenspektrometern. Die sind viel genauer als menschliche Nasen, die viele Dinge„überriechen”. Andere Aromen und Gerüche nehmen wir Menschen aber auch wahr, wenn ein Massenspektrometer sie nicht erfassen kann, zum Beispiel bei Kaffee. „Die Hälfte der Aromen können Messgeräte nicht wahrnehmen, weil diese Komponenten unter dem Detektionslimit liegen”, erklärt Karl.

Der Messturm des Forschungsteams, der Daten an das Massenspektrometer liefert. Massenspektrometer wiegen einzelne Moleküle ab, aus dem Wert kann später auf die Summenformel zurückgerechnet werden. Quelle: Thomas Karl

Das bedeuten VOCs für das Klima

VOCs heißen auf Deutsch flüchtige organische Verbindungen, weil sie nur sehr kurz wahrnehmbar sind. Diesen Prozess des “Verpuffens” nennt man Oxidation. Dabei entstehen aus den Molekülen der VOCs und dem Sauerstoff in der Luft Aerosole, also Gemische aus Luft und Schwebeteilchen. Passiert das nicht, sind also VOCs nicht flüchtig genug, bilden sie Feinstaub, der wiederum zur Wolkenbildung führt und damit das Klima beeinflusst.

In der untersten Schicht, der Troposphäre (bis 15 Kilometer Höhe), bilden Aerosole zusammen mit Stickoxiden das Gas Ozon. Sie tragen also auch zu unserem Schutz vor UV-Strahlung bei. Allerdings haben Aerosole auch einen gewissen Strahlungsantrieb. Das bedeutet, dass sie, je nach der Höhe, in der sie sich befinden, Sonnenlicht absorbieren oder reflektieren, wodurch sie die Temperatur der Atmosphäre beeinflussen. „Deshalb ist es für Klimamodelle so wichtig, solche Komponenten zu berücksichtigen”, sagt Karl. „Vor allem muss die Aerosolverteilung global quantitativ einigermaßen erfasst werden.”

VOCs können, wenn sie nicht gut genug verdampfen, zur Feinstaub- und damit zur Wolkenbildung führen.

Parfums und Waschmittel: Alles Luftverschmutzung?

Manche VOCs sind unbedenklich, andere toxisch, so zum Beispiel Benzol. Das ist ein Lösungsmittel, das in Lacken vorkommt und krebserregend wirkt. Deshalb gibt es seit etwa zehn Jahren EU-Regelungen, die den Benzoleinsatz einschränken. Stattdessen werden jetzt wasserlösliche Stoffe verwendet, die nicht in die Atmosphäre abgegeben werden. Ähnliches gilt für Abgase, die dank verpflichtender Katalysatoren an jedem Auspuff nicht mehr so stark zur Luftverschmutzung beitragen. „Man sieht auch, dass hier die Konzentrationen in der Luft über die letzten zehn bis zwanzig Jahre zurückgegangen sind”, sagt Karl.

Stattdessen fand man in der Luft andere VOCs, wie zum Beispiel Siloxane. Die Verursacher haben wir alle zuhause: Seifen, Waschmittel, Bodylotions. „Siloxane selbst sind auch eine Klasse an Substanzen, von denen man vermutet, dass sie sich sehr schnell an Aerosolen anlagern und solche auch bilden können”, erklärt Karl.

Seife, Waschmittel und andere Produkte emittieren bei der Verwendung auch VOCs.

Bei der Messung der Innsbrucker Forscher kam heraus, dass das Geruchsprofil von Innsbruck recht gewöhnlich und durchaus mit anderen Städten wie Los Angeles zu vergleichen ist. Dass Siloxane die Verkehrsabgase in der Luft als neue Verschmutzer ersetzt haben, bestätigte auch vor Kurzem eine US-amerikanische Studie. „Die Studie zeigte auch, dass bestimmte VOCs unterschätzt wurden”, sagt Karl. „Unter anderem jene aus Lösungsmittel, Seifen, Pestiziden, aber auch zum Beispiel aus Druckertinte.”

Persönlich kann man gegen Luftverschmutzung durch VOCs allerdings nicht viel unternehmen, denn jede Seife und jedes Waschmittel emittiert flüchtige organische Verbindungen. Allerdings sei deren Konzentration in der Luft so gering, dass man von nicht von einer Gesundheitsgefährdung ausgehen müsse. Laut Karl liegt es an Organen wie der EU, durch Verordnungen den Einsatz von potenziell schädlichen VOCs zu regulieren.

Univ. Prof. Thomas Karl vom Institute of Atmospheric and Cryospheric Sciences der Uni Innsbruck.

Dieser Artikel gehört zur Themenreihe:

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Ab 2021 will die EU Produkte aus Einwegplastik verbieten. Plastikgabeln, -sackerl und -strohhalme sollen dann Geschichte sein. Diese Maßnahme ist ein Schritt in Richtung der Vermeidung von Plastikmüll, der oft nicht richtig entsorgt wird und deshalb in die Umwelt gerät. Denn die wenigsten Kunststoffe zersetzen sich in der Natur von selbst. Stattdessen wird Plastikmüll durch die Witterung mit der Zeit zu Mikroplastik.

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