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14. Februar 2018

Fasten: Recycling für die Zellen

Von Schrödingers Katze
Naturwissenschaft
Wie beim Frühjahrsputz werfen unsere Zellen beim Fasten alte Moleküle weg und machen Platz für neue. Dabei helfen soll, worauf viele gerade in der Fastenzeit verzichten: Kaffee.

Jede Kultur und Religion fastet auf irgendeine Art und Weise. „Und das nicht ohne Grund”, meint Slaven Stekovic von der Uni Graz. Fasten ist nämlich gesund und könnte den Alterungsprozess verlangsamen, wenn man es richtig angeht.

Quelle: Eisenberg et al., 2009. Links sind normale Zellen zu sehen und rechts Zellen, die mit Spermidin behandelt wurden, einem Stoff, der den Fasten-Zustand auslöst. Die Zellerneuerung (Autophagie) ist oben grün und unten rot eingefärbt.

Zellen-Frühjahrsputz

Durch Fasten regen wir im Körper eine Art Zellen-Recycling an. In unseren Zellen bleiben nämlich manche Dinge, die nicht mehr richtig funktionieren, einfach liegen. Das können zum Beispiel kaputte Proteine oder fehlerhafte Mitochondrien sein. „Mitochondrien sind kleine Kraftwerke, die es uns ermöglichen, Energie in chemischer Form herzustellen. Ohne sie könnte eine menschliche Zelle nicht funktionieren”, erklärt Stekovic. Diese Mitochondrien gehen aber irgendwann kaputt und die Energie wird nicht mehr reibungslos produziert. Dadurch kann die Zelle Schaden nehmen.

Entziehen wir dem Körper Energie, indem wir fasten, kommen unsere Zellen in einen Notstand. Die Energie muss irgendwo anders herkommen. „Die Zelle entscheidet sich dann, die Teile, die sie nicht mehr dringend benötigt, oder die einfach stören, abzubauen”, sagt Stekovic. Bei diesem Abbauprozess stellt die Zelle wieder Energie her. „Das ist wie mit Müll: Schrott wird abgebaut und Verwertbares wird verwertet.” Diese Funktion der Zellen nennt man auch Autophagie.

 

Quelle: Eisenberg et al., 2016. Fasten sorgt für eine Erneuerung des Mitochondriums und regt damit die Energieproduktion an.

Fasten gegen Alzheimer

Die Autophagie kann man erst seit kurzem direkt am Menschen messen, vorher ging das nur im Labor an Gewebe, das bei einer Biopsie entnommen wurde. Für den Test wird Blut entnommen, gemacht wird er allerdings nur bei Sportlern oder Menschen mit speziellen Ernährungsgewohnheiten. Ob durch Fasten also wirklich die Zellen ausgemistet werden, merkt man also nicht sofort. Doch wer fastet, senkt auf Dauer seine Chance, altersbedingte Krankheiten zu bekommen.

„Wir wissen aus der Forschung, dass die Autophagie den Alterungsprozess auf der zellulären Ebene verlangsamt”, sagt Stekovic. Werden nämlich kaputte Zellteile nicht abgebaut, können sie im hohen Alter Krankheiten wie Alzheimer auslösen.

Spazieren gehen hilft beim Ablenken vom Hungergefühl.

Wie faste ich richtig?

Das Fasten vor Ostern ist oft als sinnlos verschrien, der Diät folgt ja immer wieder die Schlemmerei. Doch für die Sinnhaftigkeit der Fastentradition gibt es gute Gründe. Unser Körper funktioniert nämlich immer noch wie zu Urzeiten. Da gab es nicht regelmäßig genug zu Essen, manchmal vergingen Wochen, bis wieder eine Jagd Erfolg brachte. „Im Grunde genommen hat das durchaus seinen Sinn, nach der Weihnachtszeit zu fasten”, so Stekovic. „Vor Tausenden Jahren hätte in dieser Zeit die große Jagd begonnen, wozu man wieder fit sein musste, um bessere Leistungen zu erbringen.”

Kaffee hilft den Zellen bei der Autophagie.

Spazieren gehen und Kaffee trinken

Machbar und am sinnvollsten ist es für uns heute, Intervallfasten zu betreiben. Das ist jede Art von Fasten, bei der in regelmäßigen Abständen nichts und dann wieder alles, was man will, gegessen wird. Laut Stekovic ist es sinnvoll, einen ganzen Tag lang zu fasten und dann wieder einen Tag lang normal zu essen. Nach 24 Stunden sollte nämlich die Autophagie bereits aktiviert worden sein. Ob das allerdings bei jedem Menschen gleich ist, kann die Wissenschaft noch nicht genau beantworten.

Am Fastentag sollte nichts außer Wasser konsumiert werden, also auch kein Saft oder Brühe. Eine Ausnahme dazu gibt es: Kaffee. Er enthält nämlich natürliche Stoffe, die die Autophagie anregen. Um sich in der Fastenzeit vom Hungergefühl abzulenken, sollte man arbeiten oder spazieren gehen. Wem es besonders schwer fällt, einen Tag ohne Essen auszuhalten, sollte allerdings zum Arzt gehen. Evolutionsbiologisch ist es nämlich für uns immer noch normal, tagelang nichts zu essen. „Wenn sich der Körper so stark gegen das Fasten wehrt, dann gibt es dafür sicher einen gesundheitlichen Grund”, so Stekovic. „Grundsätzlich müsste es jeder Körper aushalten, einen Tag lang nichts zu essen.” Ausreden, dieses Jahr nicht zu fasten, gibt es also keine.

Rezepte gegen das Altern

In seinem Buch zum Thema Fasten und Altern hat Slaven Stekovic mit seiner Kollegin Dr. rer. nat. Julia Ring Spermidin-reiche Rezepte zusammengetragen. Hier stellen wir zwei davon vor.

Vollkorn-Knoblauchbrot mit Kräuterseitlingen

In der Regel enthalten Pilze im Vergleich zu den meisten anderen Lebensmittel viel Spermidin. Das ist ein Stoff, der in vielen Lebensmitteln vorkommt und die Autophagie anregt, auch ohne zu fasten. Bisher wurden im Kräuterseitling die höchsten Konzentrationen an dieser Substanz gemessen. Ein Vorschlag, wie man diesen Pilz genießen kann, ist das Vollkorn-Knoblauchbrot mit Kräuterseitlingen.

Für das Brot einen Esslöffel Nüsse mörsern, eine Knoblauchzehe pressen, ein paar Zweige Thymian, Oregano und Rosmarin klein hacken und dazugeben. 15 Gramm Butter hinzufügen und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Kräuterseitlinge fein hacken und alles vermengen. Die Pilz-Kräuterbutter auf vier Dinkelvollkornbrotscheiben verteilen und für zehn Minuten bei 180 Grad Heißluft in den Ofen stellen.

Karfiolsuppe mit Croûtons

Karfiolsuppe ist eine gute kalorienarme Möglichkeit für die Aufnahme von Spermidin im Alltag. Karfiol enthält kaum Fette und Zucker und ist reich an Vitamin C und anderen Antioxidantien. Für die Suppe zuerst einen kleinen Karfiol zerteilen. Das geht am besten, indem man die Röschen vom Strunk schneidet, den man am Ende auch in kleine Stücke schneidet. Zwei mittelgroße Kartoffeln schälen und in circa ein Zentimeter dicke Scheiben schneiden. Eine Zwiebel hacken, in zwei Esslöffeln Öl im Suppentopf glasig anschwitzen und mit einem dreiviertel Liter Gemüsebrühe aufgießen. Karfiol und Kartoffeln mit hineingeben und alles so lange kochen lassen, bis die Kartoffeln durch sind. Den Topf von der Flamme nehmen und die Suppe im Mixer oder mit dem Pürierstab cremig mixen. Wenn man mit dem Pürieren fertig ist, die Suppe mit Salz, Pfeffer, Muskat und Zitronensaft abschmecken.

Während die Suppe kocht ist genügend Zeit, um die spermidinreichen Croûtons zu machen. Dafür würfelt man vier Vollkornbrotscheiben, hackt je einen Zweig Thymian und Rosmarin und brät alles zusammen mit vier Esslöffeln Olivenöl, Salz und Pfeffer (und optional: Chili) für drei bis fünf Minuten in der Pfanne an, bis das Brot bräunliche Ränder bekommt. Kurz vor Ende fügt man eine halbe gehackte Knoblauchzehe und vier Esslöffel Weizenkeimschrot hinzu. Dann die Suppe mit den Croûtons servieren. Wer möchte, kann die Suppe noch mit geriebenem Cheddar bestreuen, der ebenfalls hohe Spermidinwerte hat.

 

Mehr Rezepte mit Spermidin gibt es auch auf dem Blog von Julia Ring.

Dr. rer. nat. Slaven Stekovic vom Institut für Molekularbiologie der Karl-Franzens-Universität Graz. Sein Buch „Der Jungzelleneffekt” zum Thema Fasten ist gerade bei edition a erschienen.

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