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6. Mai 2015

Der Rinden-Visionär

Von Schrödingers Katze
Dinge

Nachhaltig, regional und ein Überflieger in Sachen Energie-Effizienz – für Günther Kain ist die Baumrinde der Dämm-Superstar der kommenden Jahre. Damit hat der Bad Goiserer auch die TU Graz überzeugt und den dortigen Ideen-Wettbewerb des Ö1 Hörsaals gewonnen. Morgen gibt’s dann eine Diskussion dazu. Jeder kann kommen und sich informieren. Hier unsere 6 Fragen an Günther Kain, Rinden-Visionär.

Wann sind sie zum ersten Mal auf das Potenzial dieses „Baumisolationsmaterial“ gestoßen? Was war der Auslöser?

Ich habe mit einem Mitarbeiter eines großen österreichischen Holzverarbeitungsbetriebes gesprochen. Der hat die Problematik der großen Rindenmengen in der Säge- und Holzwerkstoffindustrie thematisiert. Bei einem Rundgang durch eines dieser Werke ist mir dann selber bewusst geworden, welche Menge an Rinde hier anfällt. Einfach gesagt sind 10 % eines Baumes Rinde – da sprechen wir alleine in Österreich von 2 Millionen m³ pro Jahr. Derzeit wird der Großteil davon thermisch verwertet, was ein Jammer ist, da Rinde ein von der Natur hochoptimiertes Material ist. Ich denke, dass wir als Gesellschaft in Zukunft Materialien intelligenter einsetzen müssen – für mich der Anstoß, mich dem Thema der stofflichen Rindenverwendung zu widmen.

Kain-Guenther
Günther Kain und ein bearbeitetes Stück Rinde: „Für mich ist es spannend ein klassisches Nebenprodukt stofflich zu veredeln. Die Verarbeitbarkeit des Materials ist gut, wobei ich als gelernter Tischler die Besonderheiten des Materials bei der Verarbeitung (sägen, fräsen, schleifen) erst erfahren musste. Rindendämmungen werden nicht die Antwort auf jede Frage sein. Aber Rinde hat Potential für maßgeschneiderte Lösungen. Es geht um eine intelligente Materialnutzung.“

Könnten wir in Zukunft also nicht nur bewaldete Terrassen und Dachgärten, sondern auch in Rinde gehüllte Hochhäuser sehen? Was braucht’s für diese Vision noch?

Rinde kann als Fassadendämmmaterial ohne Weiteres eingesetzt werden. Ob dies sichtbar geschieht, oder unter einer Putzschicht, wird eine Frage von Ästhetik und Kundenwünschen sein. Die Realisierung wird maßgeblich von Marktmechanismen beeinflusst. Zur Zeit sind erdölbasierte Dämmstoffsysteme einfach am billigsten, obwohl sie viel graue Energie beinhalten. Wenn die Menschen mehr und mehr auf die Rohstoffherkunft ihrer energiesparenden Dämmmaßstoffe achten, wird das Potential der ökologischen Dämmstoffe stärker in den Vordergrund gerückt. Bauherren sollten auf die „Funktionsschichten“ ihrer Gebäude mehr Wert legen, so wie man zum Sport ein Shirt aus Merinowolle anstatt eines Polyesterleibchens verwendet.

Fig 1
Was die Baumrinde hat, was andere Dämmstoffe nicht haben? „Die Vorzüge sind die nachwachsende Rohstoffbasis, CO2-Neutralität (eigentlich sogar negative CO2-Bilanz), regionale Verfügbarkeit, einfache Produktion. Die Rinde nimmt am Baum ja dieselben Aufgaben war, die technisch am Gebäude gefragt sind (Wärmeschutz, Schutz vor mechanischen Einflüssen, Schutz vor Mikroorganismen). Es ist ein preiswerter Rohstoff mit Dampfdiffusionsoffenheit und hoher Wärmespeicherkapazität – das ist ein wichtiger Vorteil gegenüber Polystyrol“, meint Günther Kain.

Wie muss eine normale Rinde verarbeitet werden, um zum zukunftsträchtigen Dämmstoff zu werden?

Trocknen, zerkleinern, natürliches Bindemittel zumischen, zu Platten verpressen.

„Nach einem halben Tag Einschulung können Sie den Dämmstoff für Ihr Haus selbst herstellen.“ – Günther Kain

Kann ich das selbst machen?

Ja, nach einem halben Tag Einschulung können sie den Dämmstoff für Ihr Haus selbst herstellen.

Auch „drinnen“ soll die Rinde eingesetzt werden. Können sie mir ein Beispiel verraten?

Etwa Verkleidungen mit hohen ästhetischen Ansprüchen (Böden, Wände), ähnlich den Korkböden. Oder auch Rindenplatten aus gröberen Partikeln für schalldämmende Verkleidungen.

Wie geht’s mit der Idee weiter?

Es werden labortechnisch weitere Nutzungspotentiale ausgelotet (Schallschutz, …) und es sollte im nächsten Schritt ein „Upscaling“ auf industrielle Anlagen erfolgen, um die Produzierbarkeit auszuloten. Parallel möchte ich die Möglichkeiten für eine regionale „Small-scale-Produktion“ ausloten.

 

Baustoffe mit Zukunft: Innovative regionale und nachwachsende Baustoffe am Beispiel der Baumrinde findet morgen, Donnerstag, 7. Mai 2015, um 16:30 Uhr an der TU Graz statt. Genauer gesagt am Campus Inffeld, Hörsaal FSI 1, Inffeldgasse 11, 8010 Graz.

Alle Fotos kommen von Günther Kain.

 

 

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