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Eine Frau während einer zahnärztlichen Behandlung.
17. September 2025

Alternativen zu Amalgam

Von Schrödingers Katze
Medizin
Seit 2025 ist Amalgam in der EU verboten. Es gibt zahlreiche andere Zahnfüllungsmaterialien, die gesundheitlich unbedenklich und ästhetisch sind.

Amalgam belastet durch das enthaltene Quecksilber insbesondere die Umwelt, bei dessen Verarbeitung werden giftige Quecksilberdämpfe freigesetzt. Daher sind Amalgamfüllungen seit diesem Jahr laut einem Beschluss der Europäischen Union zu vermeiden und dürfen nur noch bei zwingender medizinischer Indikation gelegt werden. Lange Zeit war Amalgam das Standardmaterial zur Versorgung von „Löchern“ in der Zahnmedizin, die auch als Kavitäten benannt werden, sagt der Zahnmediziner Alexander Behlau. Amalgam besteht aus einer aus einer Mischung von metallischem Quecksilber und einer Legierung aus Silber, Zinn, Kupfer und weiteren Metallen. Das Material lässt sich gut verarbeiten, hält lange und zeichnet sich durch seine einfache Handhabung aus. „Es lässt sich auch unter erschwerten Bedingungen – etwa bei schwer trocken zu haltenden Kavitäten im Zahn – gut verarbeiten. Während aktuell verwendete Kompositfüllungen auf eine absolut trockene Umgebung und mehrere Applikationsschritte angewiesen sind, konnte Amalgam in einem einzigen Arbeitsschritt eingebracht werden. Ein kurzer Speichelkontakt beeinflusste die Qualität kaum, was die Anwendung erleichterte“, erklärt Alexander Behlau außerdem. Zudem war Amalgam günstig und die Kosten wurden vollständig von den Krankenkassen übernommen. 

Kritik an Amalgam

Doch die Kritik an Amalgam wuchs und die Verwendung ging kontinuierlich zurück. Zuerst galt die Kritik der Optik, denn das dunkle Material unterschied sich deutlich von der Zahnfarbe und kam somit für viele Menschen nicht mehr in Frage (oder nur bei seitlichen bzw. hinteren zu füllenden Kavitäten). Später wurden die gesundheitlichen insbesondere die umweltmedizinischen Bedenken größer. Mittlerweile gibt es zahlreiche Alternativen zu Amalgam: „Es werden zunehmend moderne Alternativen wie Bulkfill-Komposite oder Glasionomerzemente verwendet. Diese Materialien bieten ästhetische Vorteile, müssen sich jedoch hinsichtlich ihrer Langzeitstabilität in klinischen Studien weiterhin bewähren. Während Amalgam als etabliert und zuverlässig galt, befinden sich viele Alternativmaterialien noch in der Phase intensiver Forschung – jedoch mit vielversprechenden Ergebnissen.“

Aktuelle Studie

Alexander Behlau betreute kürzlich die Diplomarbeit von Laurissa Katharina Fee Skorianz, die für diese von der WKO Steiermark ausgezeichnet wurde und ein Stipendium erhielt. Die Grundlage der Diplomarbeit bildete eine wissenschaftliche Studie an der Alexander Behlau beteiligt war und deren Ziel es war, verschiedene quecksilberfreie Füllungsmaterialien hinsichtlich ihrer Abriebfestigkeit zu vergleichen. In der Arbeit wurde ebenso dazu geforscht, wie sich Alternativen zu Amalgam gestalten: „Wir haben verschiedenste Komposite, sowie eine neuartige Materialklasse namens ‚Alkasite‘ untersucht. Diese Materialien wurden auf mechanische Eigenschaften hin getestet – insbesondere im Hinblick auf ihre Langzeitstabilität und Belastbarkeit“, erklärt Alexander Behlau. Über die Untersuchung hält der Zahnmediziner außerdem fest: „Zur Untersuchung der physikalischen Eigenschaften – etwa der Bruchfestigkeit – verwenden wir standardisierte Testverfahren. Dabei werden zylinderförmige oder stäbchenförmige Proben unter kontrolliertem Druck getestet. Zusätzlich gibt es Studien zur Haftkraft, wie beispielsweise der Kolleg*innen der Medizinische Universität Wien. Für den klinischen Einsatz ist insbesondere die Kombination aus Frakturstabilität, Haftung und Randdichtigkeit entscheidend.“ 

Ergebnisse

Vor allem die sogenannten Bulk-Fill-Kompositen standen im Fokus, das sind moderne Füllmaterialien, die sich durch eine vereinfachte Anwendung und hohe Effizienz auszeichnen. Insgesamt wurden acht verschiedene Materialien untersucht, darunter Bulk-Fill-Komposite, ein konventionelles Komposit, ein glasfaserverstärktes Komposit sowie ein Alkasit. Über die Ergebnisse sagt Alexander Behlau: „Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass sich bereits in kurzer Zeit Aussagen zur Haltbarkeit von Amalgamalternativen treffen lassen. Auch wenn die Unterschiede zwischen den Materialien oft nur wenige Mikrometer betragen, haben sie eine erstaunlich große Wirkung. Bei der Abrassionsstabilität haben Bulk Fill Komposite wie Filtek One Bulk Fill sowie das Alkasite Cention Forte uns positiv überrascht. Während die getesteten Glashybride und Alkasite gerade bei Randdichtigkeit ideale Werte zeigten.“

Trends und Prognosen

Gerade Haltbarkeit spielt eine enorm wichtige Rolle bei der Gestaltung eines Zahnmaterials, es muss beim Kauen stabil sein und auch bleiben: „Es muss eine dichte Verbindung zum Zahn gewährleisten, um das Eindringen von Bakterien zu verhindern. Entscheidend ist die sogenannte Randdichtigkeit – bei Undichtigkeiten kann es zur sogenannten Sekundärkaries kommen, die mitunter eine Wurzelkanalbehandlung nach sich zieht. Idealerweise hat das Material zudem keine negativen Auswirkungen auf den menschlichen Körper und ist ästhetisch ansprechend“, ergänzt Alexander Behlau. Der Zahnmediziner betont, dass die Zahnmedizin in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte gemacht hat: Es gibt nun bessere Materialien und bessere Maßnahmen, um Karies vorzubeugen, vor allem die tägliche Mundhygiene hat sich stark verbessert. „Doch auch heute gibt es Herausforderungen. Der größte Risikofaktor ist mittlerweile oft die Ernährung – insbesondere der hohe Konsum industriell verarbeiteter und zuckerreicher Produkte. Hier besteht noch großer Aufklärungsbedarf. Gleichzeitig werden neue Ansätze in der Biofilm-Reduktion, Fluoridierung und individuellen Risikobewertung diskutiert“, so Alexander Behlau.

Zahnmediziner Alexander Behlau
Der Zahnmediziner Alexander Behlau ist an der Medizinischen Universität Graz tätig. © Joachim Werner
Zahnmedizinerin Laurissa Katharina Fee Skorianz
Zahnmedizinerin Laurissa Katharina Fee Skorianz wurde für ihre Diplomarbeit über Amalgamalternativen ausgezeichnet. © Medizinische Universität Graz

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