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20. März 2025

„Ich schwöre“: Wann Eide sinnvoll sind

Von Schrödingers Katze
Gesellschaft
Eide können Vertrauen schaffen und zu regelkonformen Verhalten führen, aber sie müssen mit Bedacht eingesetzt werden.

„Ein Eid ist ein Schwur oder ein feierliches Versprechen, mit dem eine Person ihre Aussage oder Verpflichtung bekräftigt. Mit einem Eid signalisiert man: ‚Ich meine es ernst und stehe zu meinem Wort.‘“, erklärt Ulrich Glogowsky, Professor am Institut für Volkswirtschaftslehre der Johannes Kepler Universität Linz. Durch Eide soll Vertrauen geschaffen werden und sie kommen in unterschiedlichen Bereichen vor: „Eide werden bei religiösen Zeremonien, bei der Übernahme eines öffentlichen Amtes oder als Zeug*in vor Gericht geleistet. Eide sollen die Person moralisch an ihr Versprechen binden und deutlich machen, dass das Gesagte wirklich gelten soll.“ Bekannt ist der Eid des Hippokrates in der Medizin: Dieser enthält einige moralische und ethische Aspekte des ärztlichen Berufes. Dazu gehört etwa das Gebot, Menschen nicht zu schaden oder sich an die ärztliche Schweigepflicht zu halten. Der Hippokratische Eid findet heute im Genfer Gelöbnis seine Fortsetzung. Auch in der Wissenschaft gibt es eidesstattliche Erklärungen.

Recht und Wirtschaft

Dabei sind Eide rechtlich meistens nicht bindend. Wer gegen einen Eid verstößt, muss in der Regel keine strafrechtlichen Folgen befürchten, nur das Gewissen und der eigene Ruf stehen auf dem Spiel. Anders ist dies bei Eiden, die rechtlich bindend sind: „Legt man vor Gericht einen Eid ab, ist damit die Verpflichtung zur Wahrheit verknüpft. Eine falsche Aussage unter Eid erfüllt den Straftatbestand des Meineids und wird mit Strafen geahndet“, so Ulrich Glogowsky.

Der Volkswirtschafter war an einer internationalen Studie beteiligt, in der untersucht wurde, wann Eide tatsächlich regelkonformes Verhalten begünstigen. „Volkswirt*innen schauen gerne darauf, ob Menschen sich an Regeln halten – seien es Gesetze, Verträge oder informelle Abmachungen – denn davon hängt das Funktionieren von Märkten und Staaten ab.“ Er verdeutlicht dies mit folgendem Beispielen: „Stellen wir uns vor, jede*r würde nach Belieben lügen, betrügen oder Steuern hinterziehen: Das Vertrauen in wirtschaftliche Transaktionen würde massiv leiden, Verträge wären wertlos, und dem Staat entgingen wichtige Einnahmen. Ein gewisses Maß an Ehrlichkeit und Regelbefolgung ist die Grundlage dafür, dass wirtschaftliche Prozesse fair und verlässlich ablaufen.“

Internationales Experiment

Um herauszufinden, ob Eide regelkonformes Verhalten fördern, organisierten die Forscher*innen ein Experiment mit 21.000 Teilnehmer*innen: Dabei „verdienten“ die Proband*innen durch eine einfache Aufgabe Geld. Anschließend mussten sie eine Steuererklärung abgeben und ihr Einkommen offenlegen, das dann mit 35 % besteuert wurde. „Hier kam der Clou: Die Teilnehmer*innen durften selbst berichten, wie viel sie verdient hatten – und sie konnten dabei lügen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen.“ Gaben sie an weniger Einkommen erhalten zu haben, müssen sie weniger Steuern bezahlen und konnten mehr von ihrem Lohn behalten. „Vor dem Ausfüllen der ‚Steuererklärung‘ mussten manche Personen mit einem Eid versprechen, dass sie die Wahrheit sagen. Die Kontrollgruppe bekam diese Aufforderung nicht.“

Ergebnis

Rund ein Viertel der Studienteilnehmer*innen gab ihr Einkommen niedriger an als es tatsächlich war. 28,1 Prozent behaupteten sogar, überhaupt nichts verdient zu haben. Grundsätzlich erhöhte dabei ein Eid die Wahrscheinlichkeit, die Wahrheit zu sagen, jedoch nur um 3,9 Prozent. In der Studie wurden Eide mit unterschiedlichen Formulierungen getestet – und genau das spielt eine Rolle, wie Ulrich Glogowsky erläutert: „Der erfolgreichste Eid im Experiment formulierte glasklar, was erwartet wird, Eide mit konkretem, unmissverständlichem Wortlaut wirken also deutlich besser als allgemeine Schwüre.“ Zudem deuten die Ergebnisse an, dass der Zeitpunkt des Eides eine Rolle spielen könnte: Wurde dieser direkt vor der Abgabe der Steuererklärung geleistet, war die Wirkung etwas stärker.

Erfolgreiche Eide

Damit Eide erfolgreich sind, braucht es bestimmte Voraussetzungen: Zuerst sollten Eide nicht zu oft geleistet werden, sonst verlieren sie ihre Bedeutung: „Ein Eid mag wirken, weil er etwas Außergewöhnliches darstellt – einen Moment des Innehaltens, in dem man sich seiner moralischen Verantwortung bewusst wird.“ Sie müssen also mit Bedacht eingesetzt werden. Weiters muss der Inhalt des Eids konkret und relevant sein. Ulrich Glogowsky: „Eide sind mehr als bloße Folklore: Richtig eingesetzt, können sie tatsächlich einen messbaren Einfluss auf ehrliches Verhalten haben. Aus ökonomischer Perspektive ist es möglich, sie beim Kampf gegen Steuerhinterziehung und Betrug einzusetzen.“

Professor für Volkswirtschaftslehre Ulrich Glogowsky
Ulrich Glogowsky ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der JKU Linz. © Andreas Röbl Fotografie

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