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Ein Bergbauarbeiter bei der Arbeit.
28. Mai 2025

Grüner Bergbau

Von Schrödingers Katze
Natur & Umwelt
An der Montanuniversität Leoben wird geforscht, wie der Bergbau im Sinne des Green Deal nachhaltiger werden kann.

Umweltfreundliche Technologien sind in allen Wirtschaftssektoren gefragt – die Europäische Union forciert den Übergang zu einer ressourcenschonenden Wirtschaft mit dem Grünen Deal. Bis 2050 strebt man Klimaneutralität an. Wind-, Solar- und geothermale Energie werden wichtiger, Schätzungen zufolge werden für diese zukünftig mehr als 3 Mrd. Tonnen an Mineralien und Metallen benötigt. Um die Klimaziele der EU zu erreichen, sind die Beschaffung, Verarbeitung, und das Recycling von kritischen Rohstoffen sowie die Sicherung der Lieferketten bedeutend. Dafür wurde der Critical Raw Materials Act der EU ins Leben gerufen: Dieser definiert kritische Rohstoffe, vor allem Metalle, die wichtig für die Wirtschaft sind. 2012 begannen die Verantwortlichen, eine Liste mit diesen kritischen Rohstoffen zu erstellen. „Zuerst waren es nur vierzehn, nach und nach gab es Updates und mittlerweile zählen 34 Rohstoffe dazu“, erklärt Michael Tost, Leiter des Lehrstuhls für Bergbaukunde, Bergtechnik und Bergwirtschaft an der Montanuniversität Leoben. Das Ziel der EU besteht darin, zehn Prozent der definierten Rohstoffe bis 2030 wieder in der EU abzubauen. Genau hier kommt der Bergbau ins Spiel – und die Frage, ob man diesen nachhaltig gestalten kann.

Projekt SUMEX

Im November 2020 wurde – unter der Leitung der Montanuniversität Leoben – Projekt SUMEX (Sustainable Management in Extractive Industries) ins Leben gerufen. In dessen Rahmen wird erforscht, wie nachhaltiger Bergbau funktionieren kann. Wir versuchen in Leoben, Technologien (von Abbaumethoden bis zu Sensoren) zu finden bzw. zu verbessern, welche die Umweltauswirkungen von Bergbau minimieren bzw. Sicherheit und Akzeptanz erhöhen“, fasst Michael Tost die dortige Forschung zusammen. 

Hier spielt das Thema Kreislaufwirtschaft eine Rolle: Materialien sollen besser verwertet werden. Auch Unternehmen finden neue Möglichkeiten – dies gelang etwas dem Unternehmen Rio Tinto. Michael Tost: „Rio Tinto ist ein globales Bergbauunternehmen, das unter anderem in Salt Lake City (USA) Gold und Silber abbaut, das sind quasi Nebenprodukte des dortigen Kupferbergbaus. Dieses Gold und Silber verkaufen sie anschließend unter anderem an Tiffany’s. Das ist ein Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen und zeigt die Möglichkeiten auf, um Rohstoffe besser zu nutzen.“ Wobei der Experte betont wie problematisch es ist, wenn Bergbau für die Gewinnung von Luxus-Rohstoffen wie Gold und Silber betrieben wird, da es hier einen geringen Nutzen für den Großteil der Bevölkerung gibt.

Auch die Auswirkungen des Bergbaus auf Landschaft und Landwirtschaft werden im Projekt SUMEX thematisiert: „Innerhalb des Diskurses um ökologische Nachhaltigkeit thematisieren wir die Planetarischen Grenzen – biophysikalische Grenzen, deren Überschreitung eine Destabilisierung des ökologischen Gleichgewichts und der Regenerierbarkeit der globalen Ökosysteme zur Folge hat – Stichwort Biodiversität. Es auch geht darum den CO₂-Verbrauch teilweise bis Null zu verringern, auch Gewässer als wertvolle Ressourcen zu sehen und auf Wasserqualität und Vermeidung von Wasserverbrauch zu achten“, erklärt Michael Tost. 

Soziales und Gesellschaft

Der zweite Schwerpunkt von SUMEX betrifft den sozialen und gesellschaftlichen Aspekt des Bergbaus: So sollen die lokale Bevölkerung und Stakeholder mit ihren Interessen stärker in Entscheidungen eingebunden werden, auch das Wohlbefinden der Angestellten rückt in den Fokus – hier sind faire Entlohnung, lebenslanges Lernen sowie Fragen der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitenden wichtig. Um die Sicherheit der Bergbauarbeiter*innen zu gewährleisten, muss etwa auf die Stabilität des Bergwerkes geachtet werden und es soll nicht zu Gebirgsschlägen (Erdbeben), Einstürzen oder Steinschlägen kommen. Dazu braucht es unterschiedliche Stützmittel. An der Montanuniversität Leoben hat man digitale Sensoren entwickelt, um mehr Sicherheit zu forcieren. Die damit gemessenen Daten werden mithilfe von Analyseverfahren und KI verarbeitet und an Ingenieur*innen übermittelt. Diese können so die Kapazität des Ausbaus und die Stabilität und Sicherheit des Bergbaus besser erfassen. Das hilft bei der Dimensionierung des Bergbaus und der Planung der Abbaumethode.

Umweltfreundliche Wirtschaft

Der dritte und letzte Schwerpunkt von SUMEX fokussiert darauf, die Wirtschaft umweltfreundlicher, kreislauforientierter und integrativer zu gestalten. „Eine wesentliche Rolle spielt dabei die rohstoffgewinnende Industrie. Ein Schlüsselelement sind geschlossene Rohstoffkreisläufe mit höherer Materialeffizienz, einer Reduzierung des Materialinputs sowie einer verbesserten Wiederverwertung“, erklärt Michael Tost. Der Materialinput soll vermehrt aus sekundären Quellen stammen und unabhängiger von Rohstoffimporten sein. Um Kreislaufwirtschaft zu forcieren, ist es wichtig, gemeinsame Nutzung, Verlängerung, Wiederaufbereitung und Recycling zu priorisieren. 

Bergbau in Österreich

Beim modernen Bergbau haben technische Hilfsmittel Einzug gehalten, die Arbeit ist nicht mehr so körperlich anstrengend, auch die Gefährlichkeit hat in den letzten Jahren abgenommen. Künftig könnte auch der Einsatz von Robotern vieles vereinfachen. Österreich selbst hat wenig Einfluss, was mit den Rohstoffen passiert und ist vom globalen Handel abhängig, lediglich bei Baurohstoffen wie Sand, Schotter und Kies kann man hierzulande unabhängig agieren. Der Bergbau in Österreich ist größtenteils ein lokales bzw. regionales Geschäft. Im Bereich der Industriemineralien und Metalle gibt es heute weniger Bergbau in Österreich als früher. Eine Ausnahme stellt die Firma RHI Magnesita dar – „ein großer, globaler Player“, wie Michael Tost sagt. Diese betreibt Bergbau in Österreich, zum Beispiel in Breitenau in der Steiermark und baut Magnesit ab, das Mineral wird vor allem für feuerfeste Baustoffe verwendet. Ebenso nennt der Experte als weiteres Beispiele die Firma Wolfram in Mittersill, die Wolfram abbaut, welches unter anderem als Stahlveredler verwendet wird. Darüber hinaus listet die WKO alle österreichischen Firmen, die im Bergbau tätig sind, hier auf. Michael Tost ist überzeugt: „Um nachhaltigen Bergbau zu forcieren, braucht es die Zusammenarbeit von Industrie, Forschung und Gesellschaft.“

Michael Tost ist Leiter des Lehrstuhls für Bergbaukunde, Bergtechnik und Bergwirtschaft an der Montanuniversität Leoben.
Michael Tost ist Leiter des Lehrstuhls für Bergbaukunde, Bergtechnik und Bergwirtschaft an der Montanuniversität Leoben und Koordinator von SUMEX. © MUL

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