„In der Wissenschaft versteht man unter Feinstaub winzige, in der Luft schwebende Partikel, die einen Durchmesser von weniger als 10 Mikrometern (µm) haben. Diese Partikel sind so klein, dass sie eingeatmet werden können und gesundheitsschädlich sein können“, erklärt Christian Wadsack. Er ist an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der MedUni Graz tätig und führte kürzlich eine Untersuchung dazu durch, inwiefern Feinstaub die Plazenta beeinflusst.
Verschiedene Partikelgrößen
Die Schädlichkeit von Feinstaub wird bereits länger diskutiert und untersucht. Dabei wird Feinstaub je nach Größe der Partikel unterteilt: Partikel mit einem Durchmesser von höchstens 10 Mikrometern können in die oberen Atemwege (Nase, Rachen, Luftröhre) eindringen. Partikel mit einem Durchmesser von höchstens 2,5 Mikrometer gelangen bis in die Bronchien und Lungenbläschen und ultrafreien Partikel, die kleiner als 0,1 µm (100 Nanometer) sind, können sogar in den Blutkreislauf aufgenommen werden. „Bedingt durch die geringe Größe der Partikel können diese tief in den Organismus eindringen und je nach Konzentration und Zusammensetzung akute und chronische Gesundheitsprobleme verursachen“, hält Christian Wadsack fest. Wenn die Teilchen in die Atemwege und Lunge gelangen, können sie Entzündungen und Stressreaktionen auslösen sowie das Gewebe schädigen.
Studie
Im Zusammenarbeit mit Forscher*innen der Universität Lund in Schweden führte Birgit Hirschmugl aus dem Forschungsteam dazu nun eine Studie durch. Dafür filterten sie Partikel aus dem Stadtverkehr in Malmö (Schweden) und setzten diese in der ex-vivo-Perfusion der Plazenta ein. Das ist eine Methode, die bereits vor 40 Jahren entwickelt wurde und sehr ausgeklügelt und kompliziert ist: Dabei werden bei einem Teil der Plazenta nach der Geburt der mütterliche und kindliche (Blut)Kreislauf wiederhergestellt. Nach Aufbau beider Kreisläufe werden diese mit blutähnlichen Lösungen durchspült, sodass das plazentare Gewebe und deren Zellen unter physiologischen Bedingungen gehalten werden können. Damit erlaubt diese Methode Substanzen, wie zum Beispiel Feinstaubpartikel in den mütterlichen Kreislauf einzubringen, um deren Wirkung auf die Plazenta bzw. auf das Ungeborene zu studieren. Eine weitere wichtige Anwendung ist den Transport von Wirkstoffen, etwa Antikörper, über die Plazentabarriere in den kindlichen Kreislauf besser zu verstehen.
Über den weiteren Verlauf der Studie sagt Christian Wadsack: „Nach der Geburt des Babys wurde die Plazenta im Labor mit einer Nährlösung versorgt und im künstlichen Kreislauf mit den Feinstaubpartikeln konfrontiert. Die in diesen Experimenten gewonnenen Gewebeproben wurden mittels Mikroskopie im Detail analysiert, und auf strukturelle Veränderungen in der Plazenta untersucht.“ Das Ergebnis: Ist die Plazenta Feinstaub ausgesetzt, verändern sich die Strukturproteine bestimmter Zellen und folglich wirkt sich dies auf ihre Funktionen und Anforderungen aus. Zusätzlich werden Immunzellen aktiviert und wandern in die Nähe der aufgenommenen Feinstaubpartikel, um einen Abwehrmechanismus zu unterstützen.
Maßnahmen
„Feinstaub tritt überall auf, wo Partikel in die Luft gelangen – sowohl in der Stadt als auch auf dem Land. Allerdings variiert die Belastung stark, je nach Ort, Quelle, Jahreszeit und Wetter. Besonders hohe Feinstaubkonzentrationen findet man dort, wo viele Emissionen entstehen und die Luftzirkulation gering ist. Zum Beispiel in städtischen Ballungszentren (durch Verkehr und Abrieb von Autoreifen), Industrie, aber auch Wohngebieten mit Holz- oder Kohleheizungen“, so der Biochemiker.
Problematisch dabei ist, dass ein Schutz vor Feinstaub schlecht möglich ist, und die Aufenthaltsdauer an sehr belasteten Orten und die Konzentration der Partikel über die Aufnahme in den Körper entscheiden. Es braucht daher politisch mutige und regulative Maßnahmen, betont Christian Wadsack: „Einzelmaßnahmen sind wenig zielführend, es wäre eine Kombination aus Nutzung neuer Technologien, Regulierungen, Maßnahmen in der Bildung und Strukturwandel anzustreben, vor allem in den Bereichen Verkehr, Industrie, Energie und Landwirtschaft.“ Als Beispiel nennt er die Mobilität. Hier müsste man saubere Fahrzeugtechnologien fördern sowie den motorisierten Individualverkehr reduzieren und Umweltzonen einführen bzw. verschärfen.





