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Die Atomkern-Uhr: Noch höhere Präzision möglich als mit Atomuhren.
27. November 2024

Eine noch genauere Zeitmessung

Von Schrödingers Katze
Naturwissenschaft
Die an der TU Wien vorgestellte erste Atomkern-Uhr der Welt könnte Wissenschaft und Technik revolutionieren.

An der TU Wien ist ein wissenschaftlicher Durchbruch gelungen: Physiker Thorsten Schumm und sein Team konnten – gemeinsam mit dem Joint Institute for Laboratory Astrophysics (USA) – die erste Atomkern-Uhr der Welt präsentieren. Diese könnte künftig noch genauere Zeitmessungen ermöglichen und dadurch bisheriges Wissen in der Physik neu hinterfragen. So könnte man erforschen, ob gewisse Naturkonstanten – wie zum Beispiel Lichtgeschwindigkeit – wirklich exakt so sind, wie bisher bekannt.

Erste Atomkern-Uhr

Bereits im April 2024 veröffentlichte Thorsten Schumm mit seinem Team einen Artikel dazu, wie ein Atomkern mittels eines Lasers so angeregt werden kann, dass er in einen Zustand höherer Energie versetzt wird. Anschießend konnten die Forscher*innen dessen Rückkehr in den ursprünglichen Zustand genau verfolgen. Das war die Voraussetzung für den Bau einer Thorium-Atomkernuhr. 

Doch was versteht man eigentlich unter einer Atomkern-Uhr? Jede Uhr – egal, ob eine Pendel-, Quarz-, Atom- oder eben Atomkern-Uhr – braucht einen Taktgeber, der zur Zeitmessung verwendet wird, erklärt der Physiker. Während wir es bei Pendel- und Quarz-Uhren mit mechanischen Schwingungen zu tun haben, kommt bei Atom- bzw. Atomkern-Uhren die Quantenmechanik ins Spiel. Diese untersucht die Welt der kleinsten Teilchen, wie Elektronen, Protonen und Neutronen. „Atome und Atomkerne schwingen nicht von sich aus, aber sie können den berühmten Quantensprung ausführen, wenn sie bei einer genau definierten Frequenz angestrahlt werden“, erklärt der Physiker. Und genau das ist den Forscher*innen gelungen.

Der Thorium-Kristall – mit einer Größe von ungefähr einem Millimeter.
Der Thorium-Kristall – mit einer Größe von ungefähr einem Millimeter. © TU Wien, JILA

Thorium

Thorsten Schumm und seinen Kolleg*innen konnten einen Atomkern gezielt mit einem Laser von einem Zustand in einen anderen Zustand umzuschalten. Dazu benötigt man – zusätzlich zum Laser – ein Quantensystem, das sehr empfindlich auf eine ganz bestimmte Laserfrequenz reagiert. Das können zum Beispiel Cäsium- oder Strontium-Atome sein. Wenn sie mit Laserlicht einer ganz bestimmten Frequenz getroffen werden, dann wechseln die Elektronen dieser Atome zwischen zwei Quantenzuständen hin und her – und das kann man messen. Wenn sich die Laserfrequenz verändert, dann passt sie nicht mehr exakt zur Eigenfrequenz der Atome, die Atome werden nicht mehr so effizient angeregt. Dann muss man den Laser nachjustieren. Durch diese Technik kann man die Laserfrequenz extrem stabil halten – das ist das Grundprinzip einer Atomuhr.

Das Problem bisher war, dass es extrem viel Energie benötigt, die Atomkerne zwischen zwei Zuständen hin- und herzuschalten. Daher braucht es für den Bau einer Atomkern-Uhr das schwach radioaktive Schwermetall Thorium. Dieses ist extrem selten und hat eine Halbwertszeit von 8.000 Jahren.

Blick ins Innere des Experiments: Der Laser kommt durch das Loch im Parabolspiegel, trifft den Kristall und dann den gelben Fluoreszenzschirm.
Blick ins Innere des Experiments: Der Laser kommt durch das Loch im Parabolspiegel, trifft den Kristall und dann den gelben Fluoreszenzschirm. © TU Wien, JILA

Zwei Petaherz

Atomkern-Uhren haben eine extrem hohe Frequenz, nämlich zwei Petahertz. Das sind zwei Millionen Milliarden Schwingungen pro Sekunde. Zudem sind sie wesentlich weniger anfällig gegen äußere Störeinflüsse (wie etwa Magnetfelder). Daher versprechen sich Forscher*innen von einer Atomkern-Uhr eine noch höhere Genauigkeit. „Außerdem sollte es möglich sein, Uhren zu bauen, die kompakt und robust genug für einen Einsatz außerhalb des Labors sind, zum Beispiel für die nächste Generation der satelliten-basierten Navigation“, führt Thorsten Schumm aus. Diese neue Messmethode ist jedoch erst der Anfang, zeigt sich der Physiker erfreut. „Wir können damit auch besser verstehen, welche Prozesse im Inneren der Atomkerne ablaufen, welche Kräfte die Kerne stabil halten, und ob sich diese mit der Zeit ändern.“

Atomphysiker Thorsten Schumm
Der Physiker Thorsten Schumm forscht und lehrt an der TU Wien. © Foto Wilke

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