Der Klimawandel verstärkt die Häufigkeit von Starkregen, darunter versteht man Niederschläge von mehr als 25 Millimetern pro Stunde oder mehr als 35 Millimetern in sechs Stunden. Starkregen kann zahlreiche negative Folgen – wie Überschwemmungen und Fluten – haben. Problematisch in diesem Zusammenhang sind stark versiegelte Böden, weiß Bauingenieur Albert König: „Stark versiegelte Böden lassen nur wenig oder gar kein Wasser versickern. Dadurch fließt das Wasser ungehindert über die Bodenoberfläche ab. Oft sind stark versiegelte Böden zudem glatter als natürliche, offene Böden, was zu einer schnelleren Abflusskonzentration führt. Das heißt Flächen, die vorher nacheinander entwässerten, überlagern sich jetzt zu einer höheren Abflussspitze.“
Fluten verhindern
Es ist wichtig, dass der Niederschlag in den Städten abtransportiert wird, bevor er Straßen und Keller flutet. Da in den letzten Jahrzehnten viele Städte weiter gewachsen sind, hat sich zugleich die Fläche der versiegelten Böden stark ausgedehnt. „Die Kanalisation konnte jedoch nicht immer im selben Tempo mitwachsen. Gleichzeitig kommt es nun durch den Klimawandel vielerorts zu häufigeren und stärkeren Regenereignissen. Diese stärkeren Regenereignisse führen zusammen mit den gewachsenen Einzugsgebieten zu einer doppelten Zusatzbelastung der Stadtentwässerung. In Folge gelangt die Kanalisation häufiger an und über ihre Grenzen, wodurch es zu einer zunehmenden Gefährdung von Mensch und Natur kommt.“
Wie kommt es zu einer Überflutung?
Tritt Starkregen auf, fließen große Mengen an Wasser in die Kanalisation Richtung Kläranlage. Ab einem bestimmten Zufluss wird die Wassermenge, die zur Kläranlage fließt, gedrosselt, um die Anlage zu schützen. Das Wasser wird nun temporär durch das Kanalnetz und in daran angeschlossene Speichern zurückgehalten. „Kommt jedoch zu viel Wasser, um es in den Speichern zurückzuhalten, werden diese in den Vorfluter, ein Fließgewässer, entlastet. Hierbei kommt es zur Einleitung von Schmutzwasser in das Fließgewässer, mit negativen Konsequenzen für alle Lebewesen, die im Fluss leben. Ist das Regenereignis noch stärker, schafft es die Kanalisation nicht mehr, den gesamten Niederschlag aufzunehmen. Dann nimmt das Wasser an der Oberfläche den Weg des geringsten Widerstandes. Kommt es dabei zu Schäden, spricht man von einer Überflutung.“
Bewirtschaftung von Niederschlagswasser
Albert König und seine Kolleg*innen befassen sich mit der Bewirtschaftung von Niederschlagswasser, also dem Umgang mit diesem Regen- und Schmelzwasser. „Es geht darum, was mit diesem Wasser geschieht. Speichern und nutzen wir es, oder leiten wir es möglichst schnell aus Siedlungsgebieten ab? Auf diese Fragen versuchen wir nachhaltige Antworten zu finden“, erklärt der Bauingenieur.
In einem aktuellen Projekt untersuchten er und seine Kolleg*innen dezentrale, blau-grüne Maßnahmen der Niederschlagswasserbewirtschaftung. „Das sind Maßnahmen, die an der Oberfläche errichtet werden, um das Niederschlagswasser abzufangen, bevor es in die Kanalisation gelangt. Je nach Verschmutzungsgrad des Wassers, Beschaffenheit des Untergrundes, sowie umgebender Bebauung, kann das zurückgehaltene Wasser dann versickert oder zeitverzögert in die Kanalisation eingeleitet werden.“ Durch diese, an der Oberfläche zurückgehaltene Wassermenge werden bei Starkregen Überlastungen verhindert oder zumindest verringert. So kann verhindert werden, dass verschmutzte Wässer ungereinigt in das Fließgewässer gelangen bzw. „kann dies durch viele dezentrale Maßnahmen stark reduziert werden.“
Naturnahe Maßnahmen
Diese naturnahe, blau-grüne Infrastruktur wird bereits in vielen Städten erfolgreich umgesetzt. So setzen etwa unter anderem Graz, Stockholm und Zürich auf sogenannte Baumrigolen, das ist ein unterirdisches System zur Regenwasserbewirtschaftung, das Wasser von befestigten Flächen wie Straßen aufnimmt und speichert. Auch in weiteren Städten – wie Berlin, Paris und Wien – werden Strategien gesucht, um mit Starkregen besser umzugehen. „Meist werden jedoch bereits erprobte Maßnahmen bevorzugt, statt selbst innovative Konzepte abseits der bestehenden Regelwerke zu testen. Doch gerade blau-grüne Maßnahmen sind sehr abhängig von einer Vielzahl an Randbedingungen und verändern sich, weshalb sie nicht ausschließlich im Labor und am Computer zu erforschen sind. Deshalb ist es wichtig, dass Städte an dieser Stelle ausgetretene Pfade verlassen, um neuen Konzepten eine Chance zu geben – und natürlich auch von Fehlschlägen zu lernen.“
Weiters nötig
Zusätzlich zur blau-grünen Infrastruktur braucht es noch weitere Maßnahmen, um mit extremen Wetter zurechtzukommen. Dabei muss sowohl Trockenheit als auch Starkregen berücksichtigt werden, ebenso Herausforderungen wie Überflutungen, Emissionen aus Kanalnetzen und urbane Hitzeinseln. Albert König: „Bei der Planung eines Bauprojekts sollten die kleinen Regen, der Starkregen und Ereignisse darüber hinaus bedacht werden. Dezentrale Maßnahmen können über Ereignisse großer bis mittlerer Häufigkeit einen Großteil des Jahresniederschlages bewirtschaften und so die Kanalisation entlasten, Emissionen reduzieren, die Stadt kühlen und Regenwasser reinigen und Grundwasser anreichern. Hochwasserschutzmaßnahmen und Fail-Safe-Konzepte wie Notwasserwege müssen für die ganz großen Ereignisse grundstücksübergreifend geplant werden.“




