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Ein brauner, kleiner Hund vor einem weißen Hintergrund.
20. November 2025

Hunde riechen Angst

Von Schrödingers Katze
Natur & Umwelt
Hunde reagieren auf den Geruch menschlicher Angst – aber individueller als bisher angenommen.

Manch einer wird schon vermutet haben, dass menschliche Angst von Hunden wahrgenommen wird – genau das konnte nun eine Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien nachweisen. Svenja Capitain forscht zum Verhalten von Hunden und war an der Studie beteiligt. Sie erklärt: „Dass Hunde auf menschliche Angst reagieren, haben auch schon einige Studien vor uns angedeutet. Allerdings war in all diesen Studien ein Mensch mit im Raum, während der Hund dem Geruch ausgesetzt war. Demnach war bisher nicht sicher, ob der Hund tatsächlich auf den Geruch reagiert, oder der Mensch – und der Hund sich dann am unbewussten Verhalten des Menschen orientiert. Unser erstes Ziel war deshalb, den Menschen von dem Geruch abzuschirmen. Darüber hinaus wollten wir wissen, ob Hunde unterschiedlich mit menschlichem Angstgeruch umgehen.“

Zwei Geruchsproben

Dafür haben die Forscher*innen 61 Hunde trainiert, sie in zwei Gruppen eingeteilt, und ihnen beigebracht, auf Kommando zu einer Zielscheibe zu laufen. Im Anschluss haben sie den Hunden zwei Zielscheiben mit zwei Geruchsproben präsentiert: eine roch nach menschlicher Angst, die andere nach dem neutralen Geruch eines Menschen. Die Hunde der Kontrollgruppe bekamen die zwei Zielscheiben nur mit dem neutralen Geruch präsentiert, anschließend untersuchten die Forscher*innen das Verhalten der Hunde: „Dabei hat uns interessiert, zu welcher Scheibe, also zu welchem Geruch, die Hunde laufen und wie sie sich gegenüber den Gerüchen verhalten“, sagt Svenja Capitain. Das Ergebnis: Die Hunde, bei denen eine der Scheiben den Angstschweiß enthielt, brauchten länger, um das Kommando, zu einer Zielscheibe zu laufen, auszuführen. Sie verbrachten zudem mehr Zeit bei der Forscherin, hielten ihren Schwanz eher unten und waren generell weniger bereit, den Kommandos zu folgen. Ihr Verhalten deutet darauf hin, dass sich die Hunde unwohl fühlten. Auffällig war aber, dass sich das Verhalten der Hunde individuell gestaltete: Einige Hunde zögerten, bevor sie sich dem Angstgeruch näherten, während andere Hunde wiederum direkt den Angstgeruch ansteuerten. Das ist eine neue Erkenntnis, denn bisher ging man davon aus, dass alle Hunde menschliche Angstgerüche vermeiden.

Angst messen

Die Angst eines Menschen lässt sich laut der Forscherin auf verschiedene Arten messen, zum Beispiel durch Fragebögen, Herzfrequenz oder Gesichtsausdrücke. „In unserem Fall haben wir Frauen Ausschnitte aus Horrorfilmen anschauen lassen, um ihren Angstschweiß zu gewinnen. Um den Schweiß zu sammeln, haben sie dabei Baumwollkompressen unter den Armen getragen. Außerdem haben sie vor und nach dem Film einen Fragebogen ausgefüllt, um sicherzustellen, dass der Film tatsächlich Angst generiert hat. Zuvor hatten sie bereits einen recht langweiligen Naturfilm geschaut, so konnten wir mit derselben Sammelmethode den emotional neutralen Schweiß gewinnen.“

Sensible Tiere

Mit der Studie konnten die Forscher*innen zeigen, dass Hunde ein gutes Verständnis für Menschen haben. „Hunde haben ihre ganz eigene Art uns zu zeigen, wie es ihnen gerade geht und was sie von der Umwelt spannend oder nicht so toll finden. Besonders wenn das Reize sind, die wir selbst nicht mitbekommen, übergehen wir die Signale unserer Tiere schnell. Deshalb ist meiner Meinung nach wirklich wichtig, dass sich Hundehalter*innen mit der Körpersprache der Hunde genau auseinandersetzen“, sagt Svenja Capitain.

Künftige Forschung

In künftigen Studien bleibt herauszufinden, welchen Einfluss die Lebenserfahrung eines Hundes, seine Persönlichkeit und seine Rasse auf die unterschiedlichen Reaktionen der Hunde beim Umgang mit menschlicher Angst haben. Genau das könnte nämlich hilfreich sein, um den Einsatz von Hunden in verschiedenen Funktionen (zum Beispiel als Therapie- oder Polizeihund) besser zu gestalten. Ebenso hilft es Hundebesitzer*innen, ihr Haustier noch besser zu verstehen. „Außerdem wäre es sehr spannend, herauszufinden, inwiefern die Reaktionen der Hunde tatsächlich angeboren statt erlernt sind, wie andere Hundepopulationen – wie etwa Straßenhunde – auf menschliche Angst reagieren, und ob auch die Vorfahren der Hunde schon solche Fähigkeiten zeigten“, so die Expertin. Bereits jetzt gibt es Indizien dafür, dass auch andere Tierarten vom Geruch menschlicher Angst beeinflusst werden. Svenja Capitain: „So änderte sich der Herzschlag von Pferden, wenn sie menschlichen Angstgeruch rochen, Mäuse legten mehr Fäkalien ab, und Kühe rochen eher am Angst- als am Neutralschweiß. Allerdings war die Größe der Stichproben in diesen Studien äußerst klein und die Forscher*innen fanden sonst keine Unterschiede in dem Verhalten der Tiere. Demnach handelt es sich um mögliche Indizien, die weiterer Forschung bedürfen.“

Ethnologin und Biologin Svenja Capitain
Die Verhaltensbiologin Svenja Capitain Svenja Capitain ist an der Veterinärmedizinischen Universität Wien tätig. © privat

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